Spielzeit-Highlights – Teil 1
Zahlreiche Ur- und Erstaufführungen sowie lokale Programmschwerpunkte mit Musik unserer Komponist*innen stehen in der neuen Saison bevor. Ausgewählte Höhepunkte an den inländischen sowie internationalen Opern- und Konzerthäusern haben wir für Sie zusammengestellt.
Hier die erste Folge; eine zweite können Sie gegen Jahresende an dieser Stelle lesen.
4. September, Utrecht
Oscar Bettison On the slow weather of dreams (Uraufführung)
Als Höhepunkt seiner Komponistenresidenz beim Ensemble Asko|Schönberg kommt Oscar Bettisons neues Werk für Stimmen und großes Ensemble in Utrecht unter der Leitung von Clark Rundell zu seiner Uraufführung. Auf die Premiere folgen weitere Konzerte im Muziekgebouw in Amsterdam (12. September), beim Festival Musica in Straßburg (20. September) sowie im November in 's -Hertogenbosch, Den Haag und Groningen. Bettison verwendet in seinem Werk dieselbe Besetzung wie sein Lehrer Louis Andriessen in der Komposition De Staat und beschwört eine surreale Reise durch den Nachthimmel herauf.
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11. September, London
James MacMillan Concerto for Orchestra (Uraufführung)
Das London Symphony Orchestra unter Sir Antonio Pappano eröffnet seine Saison mit der Uraufführung eines neuen Orchesterwerks von James MacMillan. Im weiteren Verlauf der kommenden Spielzeit ist das Concerto for Orchestra in Schweden, Schottland, Australien, Neuseeland, Singapur und den USA zu hören. MacMillan bemerkt zu dem Stück, es sei von älteren musikalischen Schichten und Erinnerungen durchzogen, was sich von Anfang an etwa in Anklängen an Volkstänze, osteuropäische Hymnen und traditionelle schottische Musik offenbare.
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14. September, Oldenburg
Elena Kats-Chernin Freischütz – Ein Tanz mit dem Bösen (Uraufführung)
Im Auftrag des Oldenburgischen Staatstheaters schufen Elena Kats-Chernin und ihre Librettistin Susanne Felicitas Wolf eine Neudeutung der Weber-Oper. Freischütz – Ein Tanz mit dem Bösen ist ein Spiel mit Formen und Dimensionen – „eine Paraphrase über Liebe, Macht, Magie, Verlangen und Verantwortung“, so die Autorinnen. An dramaturgisch abgestimmten Stellen fügen sie neue Songs ein, verdichten Träume, Ängste, Surreales und Metaphysisches und schürfen spielerisch-packend in die Tiefe.
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21. September, Paris
Jacques Offenbach Les Brigands (Neuproduktion)
Offenbachs Banditen haben Premiere an illustrem Ort: im Pariser Palais Garnier. Die neue Inszenierung – in der Ausgabe der Offenbach Edition Keck OEK – hat die Opéra national de Paris einem der leidenschaftlichsten, erfolgreichsten Offenbach-Liebhaber der Gegenwart anvertraut, nämlich Barrie Kosky. Es singt und spielt ein hochkarätiges Ensemble unter der musikalischen Leitung von Stefano Montanari; eine zweite Aufführungsserie im Juni/Juli 2025 dirigiert Michele Spotti.
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26. September, Richmond
David T. Little What Belongs to You (Uraufführung)
Für seinen 2016 veröffentlichten Debütroman Was zu dir gehört erhielt Garth Greenwell unter anderem den British Book Award. Darin schildert der Autor die in unserer vermeintlich liberalen Gegenwart bestürzend komplizierte, zwischen Zärtlichkeit und Gewalt schwankende und letztlich zerstörerische Beziehung, die ein zugereister Amerikaner in Bulgarien zu einem jungen Stricher unterhält. „Die Geschichte ist spezifisch und persönlich, aber die Erfahrung ist universell“, erklärt David T. Little, der auch in Deutschland Erfolge feiert und das Buch zur Vorlage seiner neuen Oper machte, „die Suche nach sich selbst und der Wunsch nach Zugehörigkeit inmitten von Einsamkeit und anhaltendem Herzschmerz.“
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28. September, Bonn
Ferran Cruixent Trinity (Uraufführung)
Außermusikalisch wurde Ferran Cruixents neues Tripelkonzert, uraufgeführt beim Beethovenfest, unter anderem vom Philosophen Raimon Panikkar beeinflusst. Ihm zufolge lebe der Mensch als trinitarisches Mysterium in einer aus göttlicher, kosmischer und menschlicher Dimension bestehenden Wirklichkeit, was der katalanische Komponist auf die Solist*innen im Dialog mit dem Orchester überträgt: „Violine, Violoncello und Klavier“, so Cruixent, „durchqueren diese drei Dimensionen als Avatare eines Videospiels, erleben die verschiedenen Realitäten und verkörpern eine virtuelle Meta-Realität, die sie zu einer einzigen zu vereinen versucht.“
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28. September, Helsinki
Osmo Tapio Räihälä „Synesthesis“ (Portraitkonzert)
Aus Anlass des zehnten Todestages der finnischen Literatin Mirkka Elina Rekola hat Osmo Tapio Räihälä in seinem Kammermusikwerk Living Water unter anderem Rekolas Gedicht „Mutta maailma“ vertont. Darin ruft die Dichterin ihre Mitmenschen auf: „Erhebt euch und geht nicht mehr weiter, verlasst dieses Land.“ Dann richtet sie den Blick auf sich selbst und fährt später fort: „Du hast mir gesagt, du hättest gerade Wasser aus dem Brunnen geholt. Kalt und klar. So kalt und klar. Solch lebendiges Wasser als Geschenk für Worte. Steh auf, geh weg.“ Die Uraufführung des vierteiligen Zyklus findet am 28. September im Rahmen des Räihälä-Portraitkonzerts „Synesthesis“ in Helsinki statt. In Tampere feiert zudem Harmattan mit der Tampere Filharmonia unter Hannu Lintu seine Uraufführung (1. November). Die Konzertouvertüre verarbeitet Eindrücke eines tropischen Wintersturms, der aus der afrikanischen Wüste in Richtung Golf von Guinea fegt.
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3. Oktober, Bochum
Elena Firsova Kammerkonzert für Kontrabass und Streicher (Uraufführung)
Das neue Kontrabasskonzert von Elena Firsova kommt in einem Gala-Konzert zur Uraufführung, das die Bochumer Symphoniker in Kooperation mit Absolvent*innen des Exzellenzstudiengangs der Folkwang Universität der Künste veranstalten. Da der Solist Javad Javadzade einen Kontrabass in Quintenstimmung spielt, hat Firsova ihr Stück eigens auf Klang und Technik dieses Instruments abgestimmt. Das aus den Tönen E-F-D-Es gebildete Hauptmaterial der einsätzigen Komposition basiert auf den Initialen der Komponistin und ihres 2020 verstorbenen Mannes Dmitri Smirnow.
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4. Oktober, Bialystok
Krzysztof Meyer Musica concertante No. 2 (Uraufführung)
Das Konzert für ein oder mehrere Solo-Instrumente und Orchester bildet im Schaffen von Krzysztof Meyer eine nicht eben kleine Sektion. Jetzt legt der Pole eine neue Komposition dieser Art vor: Auf seine Musica concertante No. 1 für Cello, Klavier, Schlagwerk und Streicher folgt nun ein zweites Werk diesen Titels für zwei Flöten und kleines Orchester. Anlässlich der Spielzeiteröffnung präsentiert das Orkiestra Opery i Filharmonii Podlaskiej unter Dirigent Miroslaw Jacek Blaszczyk und mit den Solist*innen Lukasz Dlugosz und Agata Kielar-Dlugosz das neue Werk im polnischen Bialystok.
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9. Oktober, Köln
Ondrej Adámek Connection impossible (Deutsche Erstaufführung)
Erst im Juli bei den Bregenzer Festspielen uraufgeführt, kommt Ondrej Adámeks neues Musiktheater Connection impossible in Köln erstmals auch in Deutschland zur Aufführung. Das gemeinsame Auftragswerk der Bregenzer Festspiele und des Ensemble Modern thematisiert die Sprachlosigkeit in emotionalen Extremsituationen; die Konzeption teilt sich der Komponist mit seinem Regisseur Thomas Fiedler. Erprobt wird auch eine besondere Art des Komponierens, bei der die Musiker*innen von Anfang an in den kreativen Prozess eingebunden sind und experimentell durch musikalisch neue Ausdrucksmittel die Werkgestalt entscheidend mitgestalten.
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13. Oktober, Hamburg
Steve Reich Reich/Richter (Deutsche Erstaufführung)
Die jüngste Zusammenarbeit zwischen Steve Reich und Gerhard Richter erlebt im Oktober in der Elphilharmonie ihre deutsche Erstaufführung, gefolgt von zwei weiteren Aufführungen durch das ensemble unitedberlin. Das gattungsübergreifende Projekt erforscht die gemeinsame Sprache von bildender Kunst und Musik, indem es Reichs strenge, sich wiederholende musikalische Strukturen mit Richters systematischer Bilderserie „Patterns“ in Verbindung setzt. Ende Januar ist Reich/Richter als dänische Erstaufführung mit der Athelas Sinfonietta in Kopenhagen zu hören; im März folgt eine Aufführung in Brighton unter Leitung von Colin Currie (23. März).
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14. Oktober, Regensburg
Aziza Sadikova Strahlender Engel (Uraufführung)
Erst im vergangenen Jahr hat Aziza Sadikova das Doppelkonzert Strahlen des Feuers für den Akkordeonisten Geir Draugsvoll, den Organisten Michael Schönheit und das Gewandhausorchester Leipzig vollendet – nun lässt sie für Gabriel Maul und das Philharmonische Orchester Regensburg unter Stefan Veselka ein Hornkonzert mit dem Titel Strahlender Engel folgen, in dem es nicht weniger dramatisch und „lichtvoll“ zugeht. Ihre außergewöhnlich expressive und rhythmisch kontrastreiche musikalische Sprache ist in diesem Werk etwa von Puschkins Poem „Der Engel“ beeinflusst, in dem der Glanz eines Himmelsboten vorm Tor zum Garten Eden den Dämon der Hölle bezwingt.
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6. November, Amsterdam
Frangis Ali-Sade Sövq für Violoncello, Schlagzeug und Streicher (Uraufführung)
Für Kian Soltani und die Amsterdam Sinfonietta entstand nun ein neues, zweiteiliges Solokonzert mit dem Titel Sövq, was soviel wie Inspiration und Hingabe bedeutet. Der erste Satz „Dreams“ sei von frohen Erinnerungen und Sehnsüchten erfüllt, sagt die Komponistin. Den zweiten Satz „Fighting“ kennzeichnen „Entschlossenheit, zu kämpfen und Hindernisse zu überwinden, eine Anspannung aller Kräfte und der unwiderstehliche Wunsch nach neuen Zielen, die uns zuwinken und anziehen“.
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9. November, Regensburg
Pierangelo Valtinoni Der kleine Prinz (Erstaufführung der Neufassung)
Es machte Furore, als die Scala di Milano 2022 mit Il Piccolo principe zum ersten Mal in ihrer langen Geschichte den Auftrag für eine neue Kinderoper erteilte. Als Komponist erkor man Pierangelo Valtinoni. Das Libretto von Paolo Madron bleibt der hochberühmten Buchvorlage treu: Der Titelheld begegnet in der Wüste einem notgelandeten Piloten und erzählt ihm von seinen Stippvisiten auf allerlei sonderlichen Himmelskörpern und von der Sehnsucht nach seinem Heimat-Asteroiden. Das Theater Regensburg präsentiert nun zusammen mit den Regensburger Domspatzen eine neue erweiterte Fassung des Werks.
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3. Dezember, Rotterdam
Michel van der Aa From Dust (Uraufführung)
Mit seiner neuesten musiktheatralen Pioniertat erweitert Michel van der Aa ein weiteres Mal die Grenzen des Möglichen. In From Dust, einer gut 20-minütige Kreation für sechs Vokalistinnen und Soundtrack, die im Rahmen der Rotterdamer „Immersive Tech Week“ erstmalig präsentiert wird, verschwimmen die Unterschiede von Realität und Identität, von Publikum und Kunstwerk. Teinehmer*innen betreten eine volumetrische 360-Grad-Installation, die auf Bewegungs- und Berührungsimpulse reagiert und mithilfe von KI-Steuerung in Echtzeit mitgestaltet wird.
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8. Dezember, Köln
York Höller Prolog und Abgesang (Uraufführung)
Des Öfteren in seiner langen Laufbahn hat sich York Höller komponierend mit seiner rheinischen Heimat und ihren musikalischen Genies verbunden, so auch im neuen Stück für das Gürzenich Orchester. Prolog und Abgesang bezieht sich auf ein Motiv Robert Schumanns: das berühmte „Warum?“ aus dessen Fantasiestücken op. 12. Höller entwickelt daraus eine 21-tönige Klanggestalt als Basis für die gesamte melodisch-harmonische Struktur seiner neuen „orchestralen Fantasie“, so der Untertitel. Wortlos stellt sie die Warum-Frage weniger in transzendentalem Sinn, sondern als Reflex auf die als krisenhaft wahrgenommene Weltlage.
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15. Dezember, Berlin
Mark Simpson Hold Your Heart in Your Teeth (Uraufführung)
Das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin unter Robin Ticciati ist einer der Auftraggeber für Mark Simpsons Hold Your Heart in Your Teeth. Der Titel birgt poetisch-ästhetische Assoziationen: Er bezieht sich auf das Werk der rumänisch-amerikanischen Designerin Simona Bortis-Schultz und thematisiert Mut und Widerstandskraft, die vermeintlich schwachen Stimmen durch Kunst und Tradition verliehen werden kann. Solist der Uraufführung ist Timothy Ridout.
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16. Dezember, London
Kurt Schwertsik Last Days in Old Europe (Uraufführung)
Das Nash Ensemble hebt Kurt Schwertsiks neues Trio für Violine, Horn und Klavier in der Londoner Wigmore Hall aus der Taufe. Selbst Hornist, hat der Österreicher das rund zehnminütige Werk den Musikern auf den Leib geschrieben. Weitere Höhepunkte mit Musik Kurt Schwertsiks in der kommenden Spielzeit sind die Aufführung von Fioretti per San Francisco im Leipziger Gewandhaus unter Dennis Russell Davies (6. April) und der 90. Geburtstag des Komponisten im Juni.
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