Jackie O

Libretto by Wayne Koestenbaum

2S,2M,T,Bar,BBar, chorus
1(=picc).1(=corA).1(=Ebcl,bcl).ssax(=asax,tsax).1-1.1.1(=euphonium).1-perc(2)-harp-acoustic gtr-pft(=synth)-strings(1/1/1/1/1 or small complements)

Die "Factory" von Andy Warhol, New York City, 1968

1. AKT – Das Happening
Wir schreiben das Jahr 1968, fünf Jahre nach der Ermordung John F. Kennedys. Der Ort: Andy Warhols „Factory“ in New York City. Die Situation: ein Happening. Künstler, Snobs und Promis unter sich also. Die Hollywoodstars Liz Taylor und Grace Kelly klagen über die Gefahren des Ruhms. Die Partygäste wundern sich über all die Gäste, die nicht erschienen sind: Wo ist Ringo? Wo ist Mia? Wo ist Jackie? Da klingelt das Telefon: Jackie Kennedy ist zurück! Sie ist auf dem Weg zur Party. Sie hat ihre Trauer über den Tod von JFK überwunden und will wieder zur Gesellschaft gehören. Sie trifft beim Happening ein und muss sich wieder der Öffentlichkeit stellen. Die Aufmerksamkeit, die man ihr schenkt, ist aufregend für Jackie, aber auch ermüdend und beängstigend. Sie trifft den Popkünstler Andy Warhol, der ein Porträt von ihr malen will; sie willigt ein. Das Porträt verwandelt sich in die Ballerina Dancing Jackie, die auf Anordnung der echten Jackie tanzt. In dem Moment betritt Aristoteles Onassis, einer der reichsten Playboys der Welt, mit der Operndiva Maria Callas die Party. Die beiden zanken, woraufhin Ari sie sitzen lässt. Er stellt sich Jackie vor, und um sich bei ihr einzuschmeicheln, schlägt er ihr vor, von der Party zu verschwinden und gemeinsam einen neuen Arthouse-Film zu sehen: I Am Curious (Yellow). Jackie, immer noch in Melancholie versunken, ist sich nicht sicher, was sie tun soll. Als schließlich das Telefon klingelt und die Nachricht von einem neuen Attentat verkündet wird (auf Bobby Kennedy? oder Martin Luther King?), nimmt sie Aris Angebot nach Sicherheit und Geborgenheit an und verlässt an seinem Arm die Party. Auf der Insel Skorpios lassen sich die beiden trauen.

2. AKT – Die Insel
Ein Jahr darauf liegen Ari und Jackie auf der Jacht Christina, die an der Insel Skorpios liegt. Jackie liest ein Buch, Ari trinkt mit seinen Playboy-Kumpeln und singt mit ihnen ein Sauflied. Auch Jackie bietet er einen Drink an, sie lehnt jedoch ab. Um die Ehe steht es offensichtlich nicht zum Besten. Immer häufiger fällt Jackie in tiefe Erinnerungszustände zurück, wie in Trance: Sie denkt an Jack (JFK), ihr vergangenes Leben, das verlorene Versprechen. Da klingelt das Telefon; Maria ist dran, die Ari von ihren Karrieresorgen erzählt. Sie verabreden sich im Lido, einem Schickeriatreff. Kaum hat er aufgelegt, klingelt es erneut: Diesmal bekommt Ari die tragische Nachricht vom Unfalltod seines Sohnes überbracht.

Jackie träumt vom Überschreiten der neuen Grenze und schlafwandelt auf die Insel. Maria folgt ihr, und die beiden singen – jeder für sich, aber doch zusammen – von ihrem Lebenstrauma, ihren ewigen Feuern. Am Schluss ihres Duetts umarmen sie sich, endlich versöhnt. Der Paparazzo, der Jackie die ganze Oper hindurch verfolgt, stürzt auf die Insel, um die beiden zu fotografieren. Maria lässt sich gerne ablichten, doch Jackie sagt ihr, sie soll die Kamera hinwerfen und zertrümmern. Maria gibt nach und folgt der Anweisung, wodurch Jackie von ihrem Bann befreit wird. Maria wünscht ihr alles Gute und verlässt die Insel. Jackie, nunmehr allein, greift zum Telefon und erfüllt endlich ihren lang gehegten Wunsch: die andere Seite, also JFK anzurufen, der sie um Vergebung für das Leid bittet, das er ihr zugefügt hat. Zusammen träumen sie, wie alles hätte sein können. Gestärkt und verwandelt von der Begegnung mit der geliebten Stimme, beschließt sie nach Amerika zurückzukehren, zu ihren Kindern, zu den Bruchstücken der neuen Grenze.