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Jacobowsky und der Oberst
(Jacobovsky and the Colonel) (1964-65)Libretto by the composer, adapted from Franz Werfel's play (G)
2S,M,A,3T,4Bar,4B,2speaking roles;
3(III=picc).2.corA.2.bcl.asax.tsax.2.dbn-4.3.3.1-timp.perc(2)-harp-pft-strings;
Off-stage:4picc-mouth org-timp.perc-harp-pft-org-vln
Abbreviations (PDF)
Bote & Bock
Hamburg
Conductor: Leopold Ludwig
Company: Ensemble der Hamburgischen Staatsoper
JACOBOWSKY | Bariton |
OBERST STJERBINSKY | Tenor |
MARIANNE | Sopran |
SZABUNIEWICZ | Bariton |
Der tragische Herr | Bariton |
SALOMON | Baß |
Die alte Dame aus Arras | Alt |
Die leichte Person | Sopran |
Chauffeur | Baß |
Clairon, Wirt eines Cafés in Saint Jean-de-Luz | Baß |
Brigadier von Saint Cyrill | Baß |
Ein Oberleutnant der Deutschen Armee | Tenor |
Der Würfelspieler | Baß |
Der Ewige Jude | Tenor |
Chef d'llot, identisch mit dem Polizei-Commissaire de Seint Jean-de-Luz | Sprechrolle |
Ein Gestapo-Beamter | Sprechrolle |
Hotel- und Café-Gäste | 2 Soprane, Alt, Tenor |
Frankreich im Jahre 1940
Frühjahr 1940. In der zum Luftschutzkeller umfunktionierten Waschküche eines Pariser Hotels treffen zwei Männer aufeinander, deren Lebensauffassung und Charaktere nicht anders als gegensätzlich bezeichnet werden können: Jacobowsky, ein polnischer Jude, seit „Ewigkeiten“ auf der Flucht, der sich die Lebensweisheit zu eigen gemacht hat, daß es auch in der ausweglosesten Situation noch „zwei Möglichkeiten“ gebe, und der polnische Oberst Stjerbinsky, auf dessen Ergreifen die Deutschen ein Kopfgeld ausgesetzt haben. Für ihn als Offizier und „richtigen Mann“ zählt nur die Pflicht, und die schließt Alternativen aus. Jacobowsky gelingt das Kunststück, einen Fluchtwagen zu organisieren und stellt ihn dem Oberst zum Transport geheimer Dokumente zur Verfügung. Dieser, als Kavalier so prinzipientreu wie als Offizier, besteht trotz des drohenden Einmarsches der Deutschen allerdings darauf, zuvörderst seine französische Geliebte Marianne abzuholen. Dank der Geistesgegenwart und Gewitztheit Jacobowskys gelingt die Flucht vor den Deutschen.
Marianne ist von Jacobowsky zunehmend fasziniert – Stjerbinskys Selbstbewußtsein befindet sich folgerichtig im Prozeß der Auflösung. An der spanischen Grenze, in St. Jean-de-Luz, endet die Reise. Alle Wege sind abgeschnitten. Auch Jakobowsky weiß zum ersten Mal keinen Rat mehr. Da taucht ein englisches U-Boot auf, das Stjerbinsky nach England bringen soll. Die ungefährdete Marianne – „Mme La France“ – tritt Jacobowsky ihren Platz ab. Sie wird auf ihren Oberst warten, der mit Jacobowsky in die Freiheit fährt.
Jacobowsky und der Oberst I
Ich liebe wenige Kunstformen so ausschließlich und leidenschaftlich wie die Oper, und es gibt viele Möglichkeiten, dieser Form nahezukommen. Hierbei wird jede Doktrin gefährlich, sei sie noch so revolutionär-modern oder reaktionär-zurückgewandt. Jede Doktrin erwartet ihr Manifest! Ich möchte aber kein verbissenes Manifest komponieren, sondern ein lebendiges Werk, dessen technische Einzelheiten den Hörer und Zuschauer ebensowenig interessieren mögen wie die Maschinerie, die die Kulissen bewegt.
Die Konzentration auf die Bedeutung dieses Textes von Werfel, auf die Trauer, die hinter allen komödienhaften Zügen versteckt ist, die Spannung, die zwischen Realität und Symbolträchtigkeit jeder Figur besteht, kann der Hörer nur durch ein bereitwilliges Ohr erfassen.
Wesentlich ist die Aufmerksamkeit für das harmonische Timbre. Ohne daß die Harmonik auf ausgetreteten Pfaden wandelt, gewinnt sie eine neue Formkraft und gestaltet und kennzeichnet die Charaktere wie ihre Beziehungen zueinander. Dadurch wird vom Zuhörer eine akustische Mitarbeit erwartet, die nicht das Ergebnis einer theoretischen Analyse ist, sondern die mit dem Ohr lebendig aufnimmt, was Sänger und Orchester zum Klingen bringen.
Gieselher Klebe, 1965
Jacobowsky und der Oberst II
Sie fragten mich, wie ich heute meine Oper Jacobowsky und der Oberst sehe. Ich weiß heute, daß ich im Jacobowsky meine Sprache gefunden habe. Seither habe ich sie weiterentwickelt, vereinfacht und konzentriert. Der Jacobowsky ist die Summe einer langjährigen Arbeit an dieser Klangsprache. Sie wird charakterisiert vom Willen, eine gehörsmäßig erfaßbare und erlebbare Harmoniewelt wiederzugewinnen. Ein Großteil meiner Intentionen kommt spontan aus der Dodekaphonie. Andere Einfälle kommen aus der vertrauten Welt tonaler Bezüge. Lange Jahre arbeitete ich intensiv daran, für beide Klangwelten eine einheitliche und hörbare Ordnung zu schaffen. Nachdem ich diesen Schritt für Schritt gewonnen hatte, war der Jacobowsky die erste größere Komposition, die diese Ordnung lebendig werden läßt.
Gieselher Klebe, 1982
dramatisch, heiter, poetisch