OPERNSUCHE
Solaris
(2010-2012)Libretto von Reinhard Palm nach dem Roman von Stanislaw Lem (dt.)
Major roles: S,T,Bar,B; minor roles: S,M,A; mixed chorus;
3(III=picc).2.corA.2.bcl.2.dbn-4.4.3.1-timp.perc(3)-harp-cel-strings(12.10.8.6.4)
Abkürzungsverzeichnis (PDF)
Bote & Bock
Festspielhaus, Bregenz
Moshe Leiser & Patrice Caurier, Regisseur
Dirigent: Markus Stenz
Ensemble: Wiener Symphoniker / Prager Philharmonischer Chor
KRIS KELVIN, Psychologe | Bariton |
HAREY, seine Frau | Sopran |
SNAUT, Forscher | Tenor |
SARTORIUS, Forscher | Baß |
GIBARIAN | Tonbandstimme |
Negerin | Alt |
Alte Frau | Mezzosopran |
Zwerg | Soubrette |
Solaris | gemischter Chor |
Nach sechzehnmonatiger Reise durch den Weltraum trifft der Psychologe Kelvin auf dem Planeten Solaris ein, weil von den dort stationierten Forschern beunruhigende Nachrichten kamen. Man wusste zwar, dass Solaris – als Planet eines Doppelsterns mit einer unberechenbaren Umlaufbahn – keinen bekannten Gesetzen der Physik gehorcht, doch wird Kelvin bei seiner Ankunft vor allem mit seltsamen Erscheinungen bei den Forschern konfrontiert. Nach einigen Selbstmorden unter den Wissenschaftlern sind nur noch Snaut, ein verwahrloster Kauz und Kybernetiker, und Sartorius, ein undurchschaubarer, paranoider Analytiker, auf der Station.
Schon beim ersten Zusammentreffen wird Kelvin vor merkwürdigen Erscheinungen gewarnt und prompt mit ihnen konfrontiert. So lässt auch Kelvin’s ‘eigene’ Erscheinung nicht lange auf sich warten: seine ehemalige Geliebte Harey, die mit neunzehn Jahren Selbstmord beging, leistet ihm plötzlich Gesellschaft und lässt seine schuldvolle Liebesbeziehung wieder aufleben. Offenbar gelingt es keinem der drei Männer, sich seiner merkwürdigen ‘Gäste’ zu entledigen.
Der gigantische Ozean ist es, der die Wesen so gnadenlos materialisiert und dessen Erforschung Generationen von Wissenschaftlern über die Grenzen der Vernunft getrieben hat und nun ihre psychischen Abkapselungen (Scham und Schande) mit gleichmütiger Unnachgiebigkeit in ihr Leben projiziert. Der Ozean, der sich jeglicher Erforschung widersetzt, wird zum eigentlichen Feind der Wissenschaftler, ein jeder bekämpft ihn auf seine Weise. Nach einem riskanten Versuch, bei dem die Grenzen zwischen Forscher und Objekt verschwimmen, am Ende seiner Kräfte angelangt, findet Kelvin einen Weg, sich den grausamen Wundern dieses maßlos unfassbaren Riesenmeers zu stellen.
Reinhard Palm
"Der Stoff ist ein moderner Mythos geworden, jetzt haben sich der sehr opernerfahrene Komponist Detlev Glanert und sein Librettist Reinhard Palm im Auftrag der Bregenzer Festspiele daran gewagt. Das Libretto verdichtet das Geschehen geschickt ... Glanert hat mit dem Orchester und einem großen Chor – er verkörpert Solaris – einen eigenen Ton für das Werk geschaffen: Neben überwältigenden Verdichtungen ereignet sich viel transparente Kammermusik. Die Musik ist stilistisch beweglich, dramaturgisch präzise und schafft ... Atmosphäre wie Spannung." (Alfred Zimmerlin, Neue Zürcher Zeitung, 20.07.2012)
"Glanert ist er ein ausgesprochen gewiefter Stimmenkomponist: Gäbe es die Vortragsbezeichnung – man könnte das Ergebnis ein recitativo cantabile nennen. Will sagen: Der ariose Disput herrscht vor. Aber auch ein betont eloquenter, beweglicher orchestraler Vorwärtsdrang, der einen Rossini von heute suggeriert. Und einmal grinst alles: wenn Glanert sich urplötzlich als songfreudiger Kurt-Weill-Adept entpuppt. Die Sänger danken ihm die Zuneigung wie die pflegliche Behandlung." (Heinz W. Koch, Badische Zeitung, 20.07.2012)
"Glanert hat ein ausgezeichnetes Händchen fürs Musikdramatische. Seine Partitur spiegelt die kosmische Einsamkeit genauso gut wider wie den Psychoterror, dem sich die Forscher auf Solaris durch ihre eigenen Fleisch gewordenen Schuldgefühle immer wieder ausgesetzt finden. Zugleich räumt Glanert der Textverständlichkeit eine hohe Bedeutung ein und findet eine geschickte Balance zwischen rezitativischen, ariosen und musikdramatischen Elementen, die durchaus auch ineinanderfließen können." (Elisabeth Schwind, Südkurier, 20 Jul 2012, http://www.suedkurier.de/nachrichten/kultur/themensk/Oper-im-Raumschiff;art410935,5601800)
"Glanert vermag Tradition und Moderne publikumsfreundlich zu versöhnen. Nun beeindruckt er in seiner Oper Solaris ... Stärksten Eindruck macht Detlev Glanerts Komposition. Seine eingangs schwebenden, angenehm irisierenden Klänge ziehen gleich in eine andere Sphäre. Dann beeindruckt die durchgängige, sofort zugängliche Dramatik, die sich bis zum Oktett aller Figuren steigert und dort dann mit Dissonanzen das Chaos der Gefühle Klang werden lässt ... Deutsche Intendanten: Unbedingt nachspielen!" (Dr. Wolf-Dieter Peter, DLF "Kultur heute", 19.07.2012)
"Glanert bleibt in konkret menschlicher Tonwelt, komponiert mit melodiösen, sprechenden Bausteinen, die mit überwiegendem Streicherklang, wenig erdigen Tönen und expressiv rhythmischer Perkussion souverän, fast schon routiniert markant Szenenabschnitte fixieren und Emotionen charakterisieren. Markus Stenz setzt die Partitur mit den Wiener Symphonikern sensibel um, durchzieht sie mit elektrisiert erzählender Spannung und kleidet die Irrationalität der Psyche, stets wach verbunden mit Bühne und Ensemble, in sphärisch flirrende Sequenzen." (B. Kempen, Das Opernglas, 10/2012)
dramatisch, poetisch
(closing scene)
Christof Fischesser / Domkantorei Köln / Gürzenich-Orchester Köln / Markus Stenz (July 2013, "GO live!")