OPERNSUCHE
Die drei Rätsel
(I tre indovinelli / The Three Riddles) (2002/2003)Libretto von Carlo Pasquini; deutsche Übersetzung von Erdmuthe Brand; französische Übersetzung von Pascal Hild (ital., dt., frz.)
2S(boy and girl),S,M,T,2Bar,B; children's chorus; mixed chorus;
2.0.2.2sax.0-3rec-0.1.1.0-timp.perc(4-5):wdbl/SD/BD/tam-t/jingles/susp.cym/cym/whip/tgl/watergong/pasteboard rattle/thundersheet/rattle/tom-t/claves/t.bell(D1)/tamb/shaker/glass sound/metal sound/2glsp/3metallophones(S,A,B)/3 xyl(S,A,B)-pft-elec.org-3gtr-3vlnI.3vlnII.3vlnIII.3vlc.db [most instruments may be doubled or more];
on-stage:TD(3 or more)/wind machine
Abkürzungsverzeichnis (PDF)
Bote & Bock
Opernhaus, Halle
Frank Martin Widmaier, Regisseur
Dirigent: Pavel Baleff
Ensemble: Opernhaus Halle
LASSO, Sohn der Popa | Junge |
Prinzessin SCHARADA | Mädchen |
POPA, Lassos Mutter / Wildschwein | Mezzosopran |
König ZEPHALUS, Scharadas Vater (ein Fettwanst) / FLIEGE, ein Streithammel | hoher Bariton |
SCHREI, ein Postbote / GALGENVOGEL, Lassos Freund | Tenor |
Herr SUBTIL, ein Glückspieler / TARTARUS, ein Esel | Bariton |
SCHLUCK, ein Säufer / AVERNUS, ein Schwein | Baß |
Signora SÜSSAUER / Frau KNOCHEN, die Hofdame Scharadas | Sopran |
Freunde, Alchimisten, Muschel | Kinderchor (10 oder mehr) |
Gäste, Mond, Räuber, Sterndeuter, Hellseher, Hofleute, Wachen, Meer | Gemischter Chor (4,4,4,4 oder mehr) |
Märchenzeit; ein Weinkeller - ein Fluss im Wald - vor und in einem Schloss - Meeresstrand
In einem weit entfernten Königreich will Lasso König werden. Dazu muss er aber erst die Hand der Prinzessin gewinnen, indem er ihr drei Rätselfragen stellt, die sie nicht beantworten kann.
Lassos Mutter gibt ihm einen vergifteten Kuchen mit auf den Weg, denn er soll besser durch sie sterben, als an seinem Unsinn zugrunde gehen. Auf seinem Weg durch den Wald frisst ein Wildschwein seinen Kuchen und stirbt; Lasso wird der böse Plan seiner Mutter klar. Gleich darauf wird er von Räubern an einen Baum gefesselt, die dann das Wildschwein essen; auch sie müssen sterben. Plötzlich fällt aus der Baumkrone ein Mann, der sich erfolglos das Leben nehmen wollte – er befreit Lasso.
Lasso und sein neuer Freund Galgenvogel erreichen schließlich das Königreich, und in einer großen Zeremonie stellt Lasso der Prinzessin Scharada seine drei Rätsel – die sie nicht lösen kann. Großzügig, aber auch aus wachsender Sympathie für die Prinzessin gestattet er ihr, die Hilfe aller ihrer Astrologen und Alchimisten in Anspruch zu nehmen, um die Rätsel doch noch zu lösen. Es gelingt ihr dennoch nicht. Lasso gibt ihr erneut eine Chance: Beide sollen in einem Bett die Nacht verbringen. Schafft er es, sie zum Lachen zu bringen, hat er endgültig gewonnen: ihre Hand und das Königreich. Das gelingt ihm, dennoch wird ihm alles verweigert. Den intriganten Hofstaat hat er unterschätzt. Zwischen allen entspinnt sich ein Kampf, und auf dem Höhepunkt vernichtet ein Erdbeben Schloss und Königreich.
Als alles vorbei ist, sind nur noch Lasso, sein Freund und Scharada übrig, ganz allein am Meer. Lassos Freund verliebt sich in eine singende Muschel und bleibt bei ihr; die Prinzessin zieht gemeinsam mit Lasso in die Welt.
„Der Henze-Schüler hat zum Libretto von Carlo Pasquini exzellent instrumentiert, auf Tempo und Melodie gesetzt, mit Song-Anklängen verführt und ist auch in den grotesken Zuspitzungen immer noch einschmeichelnd geblieben... auch die neue Glanert-Oper hat alle Voraussetzungen, um sich im Repertoire zu etablieren." (Joachim Lange, Opernwelt 12/2003)
"Die drei Rätsel ist keine Kinderei, sondern ein echter Glanert: Dramaturgisch geschickt zwischen atemloser Motorik und Ruhe wechselnd, brillant instrumentiert, mit einem Hang zum Grotesken - und dabei stets gut verdaulich... Mitfühl-Theater im guten Sinne: Ein Junge verlässt das Elternhaus, um eine Prinzessin zu erobern, die drei unlösbare Rätsel von ihm fordert und sich erst unwillig, dann willig besiegen lässt... Das Ende ist Revolution: Die überfüllte Welt der Erwachsenen bricht zusammen... Für die Zukunft der Oper wäre diese Uraufführung ja ein schönes Modell - mit Zuschauern und Akteuren jeden Alters." (Johannes Killyen, Mitteldeutsche Zeitung, 14.10.2003)
Der wesentlichste Punkt eines Musiktheaterprojekts für Kinder scheint mir zu sein, daß es auch mit Kindern stattfindet: es sollte ihnen eben nicht nur vorgeführt, sondern durch sie auf jeder Ebene auch dargestellt werden. Deshalb bin ich dem äußeren Modell des Pollicino von Hans Werner Henze gefolgt: die beiden Protagonisten sind Kinder, dazu ein Kinderchor; die Erwachsenenwelt wird dargestellt durch sechs Solisten und einen kleinen gemischten Chor.
Auch im Orchester sollen Kinder und Jugendliche möglichst mit ihren Instrumentallehrern und anderen Berufsmusiken zusammenspielen. Mein Wunsch ist, daß die "Profis" zurückfinden zu der Spontaneität und dem lustvollen Ernst der Kinder, und die "Nichtprofessionellen" etwas lernen können vom technischen Können und der Systematik der Älteren.
Der Grundstoff der Drei Rätsel, bekannt auch als die Geschichte der Turandot, ist eine der ältesten europäischen Mythen über die grade beginnende Adoleszenz; dieser so außerordentlich episch dargestellte Übergang von der Kindheit zur Pubertät erscheint hier eingefaßt in die alte Märchentradition und soll durch die Darstellung der Kinder - also derer, die es angeht! - eine ganz eigene Kraft und Qualität entfalten.
Die Musik mußte natürlich den technischen Ansprüchen der Kinder angepaßt werden, aber keinesfalls den theatralischen und dramaturgischen Gestaltungswillen reduzieren; sie mußte witzig, traurig, buffonesk und spannend werden in einer zwar ungewohnten, aber ohne Zwang erlernbaren Musiksprache; vom autonomen bis zum angewandten Musikstück habe ich versucht, die Fülle der Opernmöglichkeiten vorzustellen, durchaus auch als Alternative zur Zap-Ästhetik von Fernsehen und Game-Spielen.
Mein Wunsch ist, daß Kinder, Jugendliche und Erwachsene ohne musikalischen Beruf mit dieser Oper etwas über den Kern unseres Musiktheaters erfahren: spielerisch und klug eine Geschichte singend, tanzend, musizierend über sich selbst zu erzählen.
© Detlev Glanert, Juni 2003
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heiter, poetisch