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Publisher

Bote & Bock

Territory
This work is available from Boosey & Hawkes in der ganzen Welt.

Availability

Uraufführung
24/03/1969
Oakland, CA
Mills College New Music Ensemble
Programme Note

Im Jahr 1968, nachdem Isang Yun als Gefangener des Park-Regimes in Seoul die Erlaubnis zum Komponieren erhalten hatte, arbeitete er an drei Werken: In einer ungeheizten Gefängniszelle vollendete er den noch in Berlin begonnenen Operneinakter Die Witwe des Schmetterlings (1967/68); unter Bewachung schrieb er in einem Krankenhaus, in das er nach einem physischen Zusammenbruch verlegt worden war, Riul [Gesetz] für Klarinette und Klavier sowie Images für Flöte, Oboe, Violine und Violoncello.

Die Komposition der Images [Bilder] ist inspiriert von den Fresken des Großen Grabs von Kangso, die im 6./7. Jahrhundert zur Zeit des mächtigsten der koreanischen "Drei Reiche", des Koguryo-Reichs, entstanden sind. Die Grabstätte liegt rund 30km südwestlich von P'yongyang. Yun hatte die Fresken 1963 im Original gesehen, und nicht zuletzt verdankte er jener Nordkorea-Reise seine Entführung durch den südkoreanischen Geheimdienst.

An den vier Wänden der mit Farben pflanzlichen und mineralischen Ursprungs bemalten Grabkammer sind vier Schutzgottheiten dargestellt: Die schwarze Schildkröte mit Schlange symbolisiert nicht nur die Himmelsrichtung Norden, sondern auch die Jahreszeit Winter, das Element Wasser etc. An der Ostwand ist der blaue Drache dargestellt (Frühling, Luft / Wind, Holz), die gen Süden gelegene Wand zeigt den roten Phönix (Sommer, Feuer). Mit Images bezieht sich Yun aber nur auf das Fresko an der Westseite: In die Darstellung des weißen Tigers (Herbst, Metall) sind Bruchstücke des Drachens, der Schildkröte mit Schlange und des Phönix eingewebt. Die vier Schutzgötter sind ineinander verschmolzen, und je nach der Position des Betrachters tritt mal die eine, mal die andere Tiergestalt hervor. Das Fresko wurde zum Sinnbild der taoistischen Ästhetik Isang Yuns, bei der selbst scheinbar Eindeutiges sich stets als mehrdeutig erweist.

Der Komponist setzt das Bild in Bewegung und Klangfarben um. Wohl auch um die Phantasie der Hörer anzuregen, ordnete Yun den Instrumenten bestimmte Tiergestalten zu: Die Flöte symbolisiere zwar die schwarze Schildkröte mit Schlange, die Oboe den blauen Drachen, die Violine den roten Phönix und das Violoncello den weißen Tiger. Doch im fortwährenden Wandel sei zunächst weder die Individualität noch die Einheit der vier zu erkennen; die Anstrengung der Komposition liege im Versuch, das Auseinanderstrebende zu einem "vollkommenen Ganzen" (Yun) zu bringen.

Das rund zwanzigminütige Werk, dem eine Zwölftonreihe zugrunde liegt, zeigt im großen zwei Teile, wobei eine Generalpause als Zäsur wirkt. Beide Teile können in jeweils drei Formabschnitte gegliedert werden. Innerhalb der Formabschnitte tendiert Yun zur phasenweisen Artikulation von in sich bewegten Klangflächen, die er zu einem Kulminations- oder Wendepunkt entwickelt und die sodann in tiefere Lagen zurückgeführt werden. Dabei geht er vielfach von der paarweisen, doch heterophon organisierten Bündelung der Stimmen aus und konfrontiert - dem Charakter der Instrumente entsprechend - die Gestik der Streicher mit der der Bläser. Wiederholt tauchen aus dem kollektiven Klangstrom individualisierte Gestalten auf: solistisch-monologische, gelegentlich auch duettierend-dialogisierende Passagen. Auf immer neuen Entwicklungsstufen gibt es Verschmelzungs- und Vereinigungs-, aber auch rivalisierende und divergierende Klangprozesse.

Der zweite Teil entwickelt das Vorhergehende zum Extremen: Er beginnt mit einem heftigen, konflikthaften "Auseinanderlaufen" aller Stimmen und mündet in die große Steigerung von lang und intensiv auszuhaltenden Klängen, die in hohen Lagen (fast) gemeinsam artikuliert werden. Was am Ende des ersten Teils angedeutet ist, wird im zweiten Abschnitt des zweiten Teils entfaltet: Indem sich die Gesten der vier Instrumente einander annähern, kommt es zur taoistischen Harmonie des Yin-Yang-Ausgleichs; sie manifestiert sich zunächst in den sukzessive aufsteigenden Haltetönen (Yang) und dann auch in einem Takt rascher, gegenläufiger Auf- und Abwärtsbewegungen (Yin), dem ein ruhigerer Schlußabschnitt folgt. Verschmelzung geschieht im Verlauf des zweiten Teils der Images aber bereits auch aus physikalischer wie tonpsychologischer Sicht: Die extrem hohen Lagen führen zu Veränderungen in den Obertonspektren, so daß die individuellen Klangfarben der jeweiligen Instrumente kaum mehr voneinander zu unterscheiden sind.

Mit der Komposition erfüllte Yun einen Auftrag des Mills College in Oakland / California.
Walter-Wolfgang Sparrer

Recommended Recording
cd_cover

Roswitha Staege (flute), Burkhard Glaetzner (oboe), Kolja Lessing (violin), Walter Grimmer (cello)
Internationale Isang Yun Gesellschaft IYG 001

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