pft/kbd; 4(I,II=picc).3(I=corA).2.2bcl.2.dbn-6.4.4.1-timp.perc(3):
I=tam-t(med)/crash cym/cym(sm,med,lg)/SD/tom-t(lo)/t.bells with pedal(C1-H1)/glsp/crot(C4,Eb4,C5); II=tam-t(med)/crash cym/cym(sm,med,lg)/3cym(muted)/metal bl/SD/tom-t(lo)/BD/t.bells with pedal(C1-H1); III=tam-t(med-lg)/cym(sm,med,lg)/4cym(muted)/SD/t.bells with pedal(C1-H1)/vib-harp-pft(=CD player)-strings(14.12.10.8.6)
Abbreviations (PDF)
Bote & Bock
›auf der Suche nach dem Erhabenen‹ – so lautet der Titel der Werkreihe von Iris ter Schiphorst, zu der auch Dislokationen für Orchester mit Solo-Klavier und Sampler gehört. Schon bei einem nur oberflächlichen Blick auf das Schaffen der Komponistin wird klar, dass es sich dabei nur um eine vielfach gebrochene Annäherung handeln kann. Dem ›Erhabenen‹ – jedenfalls in der uns auch heute noch gebräuchlichen Erscheinungsform des 19. Jahrhunderts – steht Iris ter Schiphorsts Musik denkbar fern. Sie verrückt es in einen neuen Zusammenhang – und befreit es dadurch von seiner historischen Gebundenheit und furchteinflößenden Größe.
›Dislokationen‹ – das sind Lageveränderungen, Verschiebungen. Der Begriff ist in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen gebräuchlich, von denen eine kurze Werknotiz im Vorwort zur Partitur einige aufzählt:
»In der Geologie bezeichnet er eine durch Faltung, Überschiebung oder Verwerfung gestörte Lagerung eines Gesteins…, ‚im Militärwesen: die Einteilung von Truppen, bzw. die Verteilung von Einheiten…, in der Medizin: eine pathologische Verlagerung von Organen, oder eine Verlagerung, Verschiebung oder Verdrehung von Knochen oder Knochenteilen gegeneinander…, in der Sprachwissenschaft eine markierte Satzstellung…«
All das kann man auf die Partitur übertragen. Da gibt es Faltungen und Verwerfungen ebenso wie die Verdrehung von musikalischen Gestalten; und ›markierte Satzstellungen‹, das heißt: die Hervorhebung bestimmter Satzteile durch ihre Position im Satz sind in der Musik gewissermaßen der Alltag.
Dislokationen ist kein monolithisches Werk ›wie aus einem Guss‹. Die Wechsel sind mitunter hart und überraschend, die Schnitte unvermittelt. Und manchmal brechen auch Elemente der Unterhaltungsmusik in die ›symphonische‹ Sphäre ein. Wichtig sei ihr der Eindruck, dass etwas »fehl am Platze« sei, sagt die Komponistin. So soll zum Beispiel die Kadenz keineswegs dem Solisten die Möglichkeit zum »virtuosen Zurschaustellen seiner Fähigkeiten« bieten, sondern vielmehr für einen Moment den Eindruck vermitteln, »woanders« zu sein. Eine Dislokation eben.
Diesem Ziel dient auch die Verstärkung von Soloklavier, Orchesterklavier, Sampler und einzelnen Instrumenten des Orchesters. Dadurch entstehen besondere Raumwirkungen. So sollen alle Inside-Klänge des Klaviers »›voluminös‹ und mächtig von hinten im ganzen Raum erklingen und den Eindruck erwecken, das Orchester säße und spiele ›im Klavier‹, bzw. im Klangraum/Resonanzraum des Klaviers«, wohingegen die Verstärkung einiger Orchesterinstrumente dazu dient, sie klanglich aus dem Orchester zu lösen und dem Klavier zuzuordnen. Das Klavier und der Sampler werden zu Geschwistern, ›natürliche‹ und ›künstliche‹ Klänge verschmelzen und werden zu zwei Erscheinungsformen des Selben. Umverteilung also auch in einem klanglichen Sinn.
© Rainer Pöllmann, Deutschlandradio Kultur, Künstlerischer Leiter Festival Ultraschall Berlin
Programmbuch Festival Ultraschall 2011, Pfau-Verlag Saarbrücken