GOYA II – Yo lo vi
(2007)soli: db(=speaker), git(=electro-acoustic git,banjo), elec.git;
3(II=afl,III=bfl).2.corA.2.bcl.2.dbn-3.4.3.1-timp.perc(3)-harp-prepared pft(=cel)-strings(16.14.12.10.8)
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Bote & Bock
Ein Kind sieht den Krieg. Wir sehen in sein Gesicht. In seinem Gesicht sehen wir den Krieg. Yo lo vi – Das sah ich nannte Francicso Goya die Nr. 44 seiner Radierungen Desastres de la Guerra: Momentaufnahmen aus dem Spanien der Napoleonischen Kriege, im Fokus die zivilen Opfer. Goya stellt die Frage nach dem Blick: dessen, der Schrecken erlebt; dessen, der davon berichtet; und dessen, der durch diesen Bericht erinnert wird an das, was geschah und geschieht.
Diese Frage stellt Helmut Oehring erneut in seinem „Memoratium“ Yo lo vi, dem zweiten Werk seines GOYA-Zyklus: Momentaufnahmen aus dem Spanien des Jahres 1937, im Fokus die Kinder von Guernika. Ein „Dokumentarfilm in Musik“, komponiert auf Szenen von Künstlern, die über die Opfer dieses Krieges berichteten: Federico García Lorca, Hermann Kesten, Peter Weiss, Paul Dessau und Pablo Picasso.
"Die Eroica mochte damalige Ohren verstört haben, soviel Dramatik und zugleich Poesie wohnt darin. Und Oehrings GOYA II verstärkt solche Verstörung noch um ein Vielfaches, ohne dass es dem Werk an Klangschönheit, an wunderbaren Zärtlichkeiten gebricht. Oehring muss sich vor der großen Vergangenheit nicht verstecken. Er kann ungeheuer viel, er kann mit Musikgeschichte so ernst wie spielerisch umgehen, er weiß, – die Koordinaten des GOYA II-Stücks zeigen es –, große Apparate so zu beherrschen, wie das Mahler oder Strauss oder Schönberg konnten. Und vor allen Dingen ist er all den Meistern im Ideellen und Technischen verwandt... Was immer die Komposition hineinzieht, das Gelände ist explosiv. GOYA II explodiert förmlich im Innern, und zwar dauernd. Jähe Wechsel sind über 45 Minuten hinweg programmiert – schrille Chöre gegen poetisierende Solisten, donnernde Improvisation von Solo-Bass und Gitarren vor Wänden chorsinfonischen Schweigens. Schmerzlichster stimmlicher Ausdruck führt hinüber in das Brüllen der Blechbläser und Percussionsinstrumente, winselnde, schnarrende Holzbläser und Streicher machen der Melancholie einer an Anmut kaum zu überbietenden Kinderstimme platz. Die Aufführung unter der Gesamtleitung von Ingo Metzmacher brachte diese wogende Höllenfahrt auf vermintem Gelände grandios zur Geltung. GOYA II ist eine Komposition der Brüche, der Verwerfungen, der Explosionen. Da geht unentwegt etwas in die Luft, und es bleibt ungeheuer viel Menschlichkeit." (Stefan Amzoll, Märkische Oderzeitung, 14.11.2008)
"Ein elektrisierender Abend. GOYA II ist ein aufwändiges, illustrativ beredtes Oratorium... Überzeugend die kammermusikalischen Episoden: die stille Verzweiflung der Konzertgitarre, die vergeblichen Rufe des Knaben, die Slowmotion der Schreckstarre." (Christiane Peitz, Der Tagesspiegel, 13.10.2008)