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Bote & Bock
Das Doppelkonzert gehört in die Reihe von konzertanten Werken, die der Komponist 1972 mit den Konzertanten Figuren eröffnete. Im Doppelkonzert greift Yun auf ein koreanisches Märchen zurück: Die harfenspielende Prinzessin verliebt sich in den schalmeienspielenden Kuhhirten. Der König, über die unstandesgemäße Wahl seiner Tochter erzürnt, verbannt beide als Sterne an die entgegengesetzten Enden der Milchstraße. Als kleine Gnade dürfen sie sich jedoch einmal im Jahr, am 7. Juli, in der Mitte der Milchstraße treffen. Dem erzählenden Sujet entspricht eine formale Gestaltung, die weniger Entwicklungs-, sondern vielmehr Reihungsprinzipien verfolgt. Ausgehend von europäischen Formvorstellungen ließe sich das einsätzige Werk, das wie Franz Liszt in seinen symphonischen Dichtungen das Prinzip der Mehrsätzigkeit in der Einsätzigkeit entfaltet, wie folgt charakterisieren: Auf einen eher raschen ersten Satz folgt ein langsamer Satz, der in den schnellen dritten übergeht. Dieser mündet in eine Solokadenz der Harfe, die Jedoch noch nicht das Ende der Komposition signalisiert: Denn in den dritten Satz ist ein "Duo" der Soloinstrumente eingefügt.
Der erste Abschnitt, im großen zweiteilig (wobei die zwei Teile in sich wiederum zweiteilig organisiert sind), beginnt mit der Vorstellung des Hofs. Der einleitende Akkord der Blechbläser dient dabei nicht nur der Eröffnung, sondern meint darüber hinaus auch die inhumane Strenge des königlichen Hofs oder der Gesellschaft. Der Sphäre des Hofs ist die Harfe zugehörig, und die Oboe antwortet ihr "von fern". Dieser Prozeß der ersten Begegnung wird in intensivierter Form wiederholt – diesmal antwortet die Oboe von "nah". Im folgenden Teil dominiert das aktive Werben der Oboe, das in der ersten Phase vor allem durch Streicher und Holzbläser, in der zweiten durch die Harfe beantwortet wird.
Der zweiteilige langsame Satz, eine Soloepisode, meint die freudige Begegnung der Liebenden. Dabei werden die Soloinstrumente in der eher bewegten ersten Phase durch die Orchesteroboe und in der zweiten Phase durch das Cello und Schlaginstrumente begleitet. Diese "Begleiter" sind, so der Komponist, "Sympathisanten des Hofs", wobei die Orchesteroboe den Vogel Phönix symbolisiere.
Das folgende Tutti treibt jubilierend auf die Harfenkadenz zu. Streicher und Holzbläser "malen" dabei den Zug der Elstern, die das Liebespaar geleiten, während die mahnenden Einwürfe des Blechs sich nicht durchsetzen. In einem insgesamt turbulenten Zwischenspiel des Orchesters sollen die Bläser daran erinnern, daß die Liebenden wieder auseinander müssen. Das "Duo", diesmal in der Abfolge ruhig–bewegt, bringt die Abschiedsszene. Ein vermittelndes Zwischenspiel zielt auf den Schluß, der durch die Wiederkehr des eröffnenden Akkords der Blechbläser markiert wird.
Das Sujet der Komposition knüpft an das real zu beobachtende Phänomen der Mauser an: In Korea sind einige Tage vor dem 7. Juli kaum Elstern zu sehen, und wenn die Elstern nach dem 7. Juli wiederkehren, haben sie Federn verloren. Bei dieser Gelegenheit wird den Kindern das Sternenmärchen erzählt. Die Elstern seien unterwegs gewesen, um die Liebenden zueinander zu bringen, und hätten bei dieser schweren Arbeit Federn lassen müssen. Auch Isang Yun meint mit der Stoffwahl mehr als nur diesen: Er will erinnern an das durch fremde Mächte 1945 getrennte Korea. Während der Himmel, wenn auch nur an einem Tag im Jahr, die Gnade der Wiedervereinigung gewährt, blieben entsprechende Verhandlungen in Korea bisher ohne Erfolg.
Walter-Wolfgang Sparrer