Cours méthodique de duos (OEK critical edition)
op. 49-54 (1847)Bote & Bock
Der enorme Erfolg, den Jacques Offenbach (1819–1880) mit seinen Opéra-bouffes (Orpheus in der Unterwelt, Die Schöne Helena, usw.) und mit seinem postumen Meisterwerk Hoffmanns Erzählungen hatte, überdeckt etwas seine Bedeutung als Violoncellist, der er in seiner Jugend war. Von seinen Zeitgenossen „der Paganini des Violoncellos“ genannt, hat er viel für sein Instrument komponiert, zahlreiche Werke für Kammermusik (von denen manche zusammen mit Liszt, Rubinstein oder Flotow uraufgeführt wurden), aber auch große Konzertwerke, die er in den Salons oder verschiedenen Konzertsälen aufführte, sei es in Paris, London oder Köln. Seine legendäre Virtuosität erlaubte es ihm, äußerst brillante Stücke zu schreiben, wie etwa sein Concerto militaire. Angesichts seiner hohen Reputation war es naheliegend, daß ein Verleger ihm vorschlug, eine Duo-Schule (Cours méthodique de duos) in sechs zunehmenden Schwierigkeitsgraden zu verfassen. Die ausgesprochen originelle Form, die den pädagogischen Aspekt mit einer höchst empfindsamen und geistreichen Musik verbindet, verschaffte sich umgehend Anerkennung, die bis heute trotz des Fehlens ernstzunehmender Neuausgaben und der mittelmäßigen Qualität der Erstausgaben andauert.
Offenbach als Pädagoge! Sicher ein amüsanter Gedanke für Olive Vaslin, seinen früheren Lehrer am Pariser Konservatorium, bei dem Offenbach kaum jemals Zeit verbrachte, hatte der Komponist doch schon Mühe, die Zwänge der Institutionen zu ertragen.
Der Cours méthodique wurde im Jahre 1847 veröffentlicht, mitten in der Kompositionsarbeit an der Herzogin von Alba, einer großen Opera seria, die Adolphe Adam (der berühmte Komponist und neue Direktor des Théâtre Lyrique) in Auftrag gegeben hatte, die aber schließlich nie zur Aufführung kam. Es scheint daher sehr wahrscheinlich, daß Offenbach sich an diese zusätzliche Arbeit auch aus ganz realen Geldnöten machte – denn er mußte noch gut zehn Jahre warten, um eine wirkliche Anerkennung als Komponist zu erfahren. [...]
Bereits vom ersten Duo an entführt uns Offenbach ins Reich der Poesie – ein typischer Zug des Komponisten der Vie Parisienne, welcher allzu oft in Vergessenheit geraten ist und dennoch überall in seinem mehr als 650 Werke umfassenden Schaffen hervorscheint. Dieser Cours méthodique de duos ist von einer immensen Vielfalt, was die Farben, Tonarten und den Charakter der verschiedenen Nummern angeht. [...]
Jean-Christophe Keck (aus dem Vorwort zur Edition)
Der Cours méthodique de duos pour deux violoncelles von Offenbach berücksichtigt die Reihenfolge, in welcher man üblicherweise die Lagen der linken Hand lehrt. Ist die Annahme berechtigt, daß die erste Lage die leichteste ist und daß man lange warten muß, bevor man sich mit der Position des Daumen befaßt? Es erscheint uns nutzlos, hier auf diese Streitfrage einzugehen; das Ziel dieser neuen Ausgabe ist es vielmehr, der Musik Offenbachs Geltung zu verschaffen. [...]
Cyrille Tricoire (aus dem Vorwort zur Edition)
Der Cellist Cyrille Tricoire beginnt seine Karriere als Orchestermusiker ab 1990 im Pariser Nationalensemble unter Armin Jordan. 1993 wird zum „Supersolisten“ des Nationalorchesters von Montpellier ernannt. Außerdem erhält er regelmäßig Einladungen vom Französischen Nationalorchester (Saison 2001/2002) und der Nationaloper Lyon (seit 1997) als erster Solist und ist seit 2002 auch Gastmusiker des Europäischen Kammerorchesters.
Im Rahmen der Kammermusikreihe Amadeus in Montpellier spielt er mit Musikern internationalen Renommees (u. a. Janos Starker, Anner Bylsma, Maria Joao Pires, Augustin Dumay, Fazil Say, Michel Dalberto). Cyrille Tricoire musiziert ebenfalls im Streichquartett des Nationalorchesters von Montpellier sowie mit seinen Orchesterkollegen in verschiedenen Kammermusikensembles.
Als Solist interpretiert er mit dem Nationalorchester von Montpellier seltene Werke (Hersant, Britten, Caplet, französische Uraufführung von MacMillan, Offenbach…), aber auch Strauß (Don Quichotte) und Haydn unter der Stabführung von Friedemann Layer. Anlässlich des Festivals „Présences“ spielte er 2004 das Concerto Nr. 2 von Philippe Hersant in Paris (Maison de Radio-France); seine Interpretation dieses Werke ist auch bei Universal-Accord auf CD erschienen, ebenso wie die Cello Symphony von Benjamin Britten.
Cyrille Tricoire gibt seine langjährigen Erfahrungen – seit seinem 10. Lebensjahr an der Seite von Erwan Fauré und in der Klasse von Jean-Marie Gamard an der CNSM (Pariser Musikhochschule), wo er 1986 mit zwei ersten Preisen ausgezeichnet wurde – weiter als Cellolehrer am Regionalen Konservatorium von Montpellier. Er studierte anschließend mit seinem Doktorvater Philippe Muller, bevor er sich für ein Jahr an der amerikanischen Universität Bloomington bei dem berühmten Cellisten Janos Starker perfektionierte. 2003 interpretierte er die Solopartie der von Christophe Héral komponierten Musik für den Zeichentrickfilm Die Insel von Black Mor von Jean-François Laguionie.
Raphaël Chréttien / Jérôme Pernoo
Ligia Digital 0302194-08
(Duos opp.51–54)