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Publisher

Bote & Bock

Territory
This work is available from Boosey & Hawkes in der ganzen Welt.

Availability

Uraufführung
06/05/2000
Kulturforum, Witten
Arditti Quartet
Composer's Notes

Das englische Wort „setting“ wird für die Bedeutungen „Bühnenbild“ und „Sonnenuntergang“ verwendet. Das Bild des Sonnenuntergangs – als Feuerzeichen der verrinnenden Zeit – ist die imaginäre Kulisse, in der die sechs Bilder dieses Quartetts wie „verhüllte“ Bühnenbilder aufgestellt sind, die etwas zu verbergen haben.

Die Verhüllung eines Bildes zwingt den Betrachter auf die Erinnerung an das zurückzugreifen, was sich ihm zuvor eingeprägt hat. Etwas Unsichtbares, Verlorenes wird imaginiert und enthüllt dabei – ganz im Gegensatz zur oberflächlichen Betrachtung industrieller Reproduktionen – einen inneren Kern.

Die Titel der sechs Bildzitate haben eine Gemeinsamkeit. Sie sind gleichermaßen Gloriolen der Gebrechlichkeit, Sinnbilder des verletzten, verfallenden Körpers, der jedoch das Paradox einer lebendigen, metaphysischen Entfaltung trägt: die Allegorie einer verborgenen, unerfüllten Zuversicht auf Tröstung vorzuführen, einen Korridor des Noch-Nicht, oder – wie bei den Kreuzigungsbildern von Bacon – des Nicht-Mehr.

Das Streichquartett ist in einem dualistischen Spannungsfeld von Vorder- und Hintergrundverschiebungen seiner motivischen Elemente angelegt, einem Feld, in dem sie zwischen Auftauchen und Verschwinden auf der Kippe bleiben. Ebenso gibt es eine Kernreihe von gleichzeitig beschleunigten und ritardierten Zeitmaßen, die sich ineinander aufheben, einander überdecken und das rhythmische Fundament der sechs Sätze darstellen.

Am deutlichsten wird dies im zweiten Satz hörbar: Eine spiralartige Struktur umschließt eine Vorschau auf den Beginn des dritten Satzes, ein Bicinium im Renaissance-Stil. Dessen Durchführung verdeckt wiederum die Spiralstruktur des zweiten Satzes. Im vierten Satz versteckt sich ein Fragment aus der Symphonie Fantastique, das in den Vordergrundtext eingeflochten ist. Im ersten und fünften Satz werden Melodien und barocke Verzierungselemente mit sich selbst überschrieben oder durch Geräusche „ausradiert“. Im sechsten Satz erscheinen wie im Zeitraffer die Kernelemente der fünf anderen Sätze zum „Blindensturz“ vereint: nicht nur als musikalisch-figurative Fallstudie, sondern auch als Sturz ins Dunkel, in die Verhüllung der Musik selbst. Sie steht für die Ortlosigkeit des blinden Blicks, den Breughels Gestalten in den Himmel richten, für ein stockendes Tappen im Wirbel einer überbelichteten Welt.

Das Quartett ist dem Bildhauer Heinz-Günter Prager gewidmet.

© Johannes Kalitzke

Press Quotes

„Kalitzkes Werk wirkt bedrohlich, latent unruhig, sanfte Kantilenen steigern sich zu attackierender Rhythmik, die an Bartók erinnert. Durch Mehrfachdämpfung jedes Instruments wird ein stark verfremdeter, unwirklicher Klang erreicht. Nach und nach zerfällt das Werk in Einzeltöne und Geräusche, bis zur Stille.“ (Martin Schrahn, Ruhr Nachrichten, 08.05.2000)

Recommended Recording
cd_cover

Arditti Quartet (live from the FP, Witten 2000)
Dokumentation Wittener Tage für neue Kammermusik 2000

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