2(I=picc,afl).2.1.1-2.1.1.0-strings(4.0.2.2.1 or 8.0.4.4.2)
Abbreviations (PDF)
Bote & Bock
Auf einen unruhig flirrenden Beginn folgen relativ statische Klangbänder, die in langsamem Tempo artikuliert und sodann sukzessive beschleunigt und klangfarblich aufgehellt werden. In mehreren Entwicklungsschüben werden in sich fluktuierend bewegte Klangflächen in allen Orchestergruppen etabliert, im musikalischen Raum ausgebreitet und ausgedehnt. Durch massiven Einsatz der Blechbläser organisiert Yun sodann einen Prozess der Dramatisierung. An der Peripetie dieses Prozesses, zu Beginn des letzten Drittels der Komposition, erklingt - unbegleitet - ein Trio aus Altflöte (dann: große Flöte), Oboe und Violine. Dieses Trio hat im Orchesterstück eine harmonisierende Funktion: Es entwickelt die Perspektive der Einheit vor einem katastrophischen Tutti-Ausbruch, der schließlich zur Ruhe der in höchsten Lagen ausklingenden Komposition zurückgeführt wird.
Das Trio des Orchesterstücks (T. 249–283) ist in das Trio für Flöte (Altflöte), Oboe und Violine (1972/73) unverändert eingegangen; für Letzteres neu komponiert wurden 1973 eine Einleitung, eine Überleitung und ein Schluss. In den Konzertanten Figuren finden sich übrigens auch Elemente aus Yuns Komposition Images (1968).
Eine »Zwiebel« habe er komponiert, antwortete Yun, als wir über die Konzertanten Figuren sprachen. Er meinte damit die sehr flexible Form, die den Eindruck erweckt, dass nacheinander Hüllen fallen oder klangliche Entwicklungsstufen abgearbeitet werden, um zu einem Kern vorzudringen, als den sich dann das Trio erweist. Harald Kunz, der die erste Einführung zu diesem Werk schrieb, erwähnt allerdings »die Gesten des rtituellen koreanischen Hof- und Tempeltanzes« als imaginäres Vorbild. Dabei spielen Schleier und Gewandfalten, vor allem die weit über die Körper hinaus aufgefalteten Ärmel, eine große Rolle. »An die Stelle des [Klang-] Kontinuums treten hier klar umrissene ‘Figuren’ analog tänzerischer Gestalten, Perioden kürzerer Zeitdauer und von größerem Gegensatz als in den bisherigen Werken. Die Richtung der Figur (nach oben oder unten), die Art der Bewegung (vor allem auch in den Übergangsstadien schneller oder langsamer), und die Quelle des Impulses werden [...] unmittelbar deutlich. Zwölf Figuren bilden die ineinander übergehenden Teile der einsätzigen Komposition.« Bei der Besetzung des kleinen Orchesters verzichtet Yun – und das ist bei seinen Orchesterstücken eher eine Ausnahme – auf Perkussionsinstrumente.
Die Komposition entstand im Auftrag der Stiftung Volkswagenwerk vom »20. Aug. bis 1. Okt. 1972« in Berlin-Kladow und wurde schon am 19. Oktober 1972 unter der Leitung von Francis Travis mit Basler Solisten – darunter Aurèle Nicolet, Heinz Holliger und Hansheinz Schneeberger – für eine Langspielplatte produziert, die von der Stiftung als Jahresgabe verteilt wurde. Die erste öffentliche Aufführung fand ein Jahr später statt.
Walter-Wolfgang Sparrer (2010)
Roswitha Staege (flute), N.N. (violin), Jochen Müller-Brincken (oboe) / Bochumer Symphoniker / Kyung-Soo Won
Internationale Isang Yun Gesellschaft IYG 008