Aufersteh'n. Parergon Nr. 3
(2022)Sikorski
„Wie für so viele Komponistinnen und Komponisten war die erste Begegnung mit der 2. Symphonie von Gustav Mahler, genannt ‚Auferstehungssymphonie‘ für mich ein erschütterndes, prägendes und bis heute noch nachwirkendes Erlebnis.
Aus der Entstehungszeit der Symphonie ist überliefert, dass Gustav Mahler den Text des Schlusschors, den Kirchenhymnus ‚Auferstehen' von Friedrich Klopstock bei der Trauerfeier für Hans von Bülow in Hamburg kennenlernte. Ob damals alle Strophen gesungen wurden, ist mir nicht bekannt, jedenfalls verwendete Mahler nur die ersten Verse im Original und führte ihn dann unter Zufügung weiterer Gedanken (vor allem in den Sopran- und Altsoloepisoden) frei weiter.
Jahre nach meinem ersten Erlebnis mit der Symphonie lernte ich die Bearbeitung des vierten Satzes (‚Urlicht‘) durch den im vergangenen Jahr verstorbenen Clytus Gottwald kennen und irgendwann kam spontan die Idee auf, auch das Chorfinale in eine a capella Variante zu transkribieren. Als ich schließlich auf den Originaltext von Friedrich Klopstock stieß, wurde aus dieser flüchtigen Idee, an deren Schlüssigkeit und Notwendigkeit ich durchaus Zweifel hatte, ein fixer Plan: meine Fassung würde nicht zu einer schlichten Reduzierung des Originals führen, sondern soll einen interessanten Randaspekt der Entstehungsgeschichte hörbar und erlebbar werden lassen. So folgt die Bearbeitung zwar weitestgehend der Musik Mahlers (soweit das die Prosodie zulässt), aber die Übergänge und der genaue Chorsatz wurde in großen Teilen des zweiten Teils des ca. 10 minütigen Bearbeitung neu ausgearbeitet, so dass nun der gesamte Klopstock’sche Hymnus in seiner Originalgestalt erklingt. Dass nun diese Version, vier Jahre nach der ersten Reinschrift meiner Neufassung im Gedenkjahr zu Klopstocks 200. Geburtstag zur Uraufführung gelangt, legt einen weiteren Fokus auf diese wunderbare Dichtung aus dem 18. Jahrhundert, die wiederum bei Gustav Mahler nachwirkenden Spuren hinterlassen hat.“ (Johannes X. Schachtner)