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Music Text
Scoring

2.2.3(III=bcl).3(III=dbn)-3.3.3.1-timp.perc(4):5bongos/SD/BD/susp.cym/glsp/2tam-t/ant.cym/t.bells/hammer;ant.cym/5tom-t/SD/susp.cym/Thai.gongs/xyl/tpl.bl;tgl/ant.cym/SD/susp.cym/Thai.gongs/t.bells/vibr/marimba/lg.tam-t/glsp/tgl/t.bells;4timp/SD/xyl/susp.cym/tam-t/ant.cym-pft(=cel)-str(10.8.6.5.5)-on stage:3distant.tpt/SD-lg.mixed.choir-childrens'choir-speaking.choir(pre-produced)

Abbreviations (PDF)

Publisher

Sikorski

Programme Note

Schon Alban Berg und Bernd Alois Zimmermann wussten: Ein Werk des Musiktheaters auch über den Konzertsaal der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, ist angesichts der immer kürzer werdenden Lebensdauern neuer Bühnenwerke im Repertoire der Opernhäuser eine kluge Entscheidung. Der erfahrene Opern-Ermöglicher Peter Ruzicka gab sich diesbezüglich keinen Illusionen hin. Bereits aus den beiden früheren Opern CELAN (1998/99) und HÖLDERLIN (2008) schmiedete er im Abstand von etwa zwei Jahren nach der Uraufführung Vokalsymphonien, die als große Extrakte in den musikalischen Kosmos der Opern führen, ihre Hauptfiguren vorstellen und zentrale Stationen der Handlung skizzieren. Motivierend für diese Praxis war aber gewiss nicht nur der Wunsch, das Werk öffentlich am Leben zu erhalten. Es gehört seit je zu Ruzickas Naturell, mit einer einmal erfundenen Klangwelt, einer musikalischen Materialität oder Verlaufsform gleichsam zu leben und sich in immer wieder anderen Kontexten mit ihnen auseinanderzusetzen. In diesem Sinne ist auch die BENJAMIN-SYMPHONIE für Bariton, Koloratursopran, Kinderchor und Orchester (2018) als eine weitere Station auf einer Reise zu verstehen. Und als neue Versuchsanordnung: Wie „spricht“ die Musik ohne die Szene? Wie verhält sich das Material, wenn es seinem „gewohnten“ Vorher und Nachher beraubt und in einen symphonischen Organismus versetzt ist? – Ruzickas musikalisches Vokabular hat eine Charakteristik, die sich in diesem Zusammenhang als ungemein wertvoll erweist: Es hat einen hohen Wiedererkennungsfaktor und ist zugleich so biegsam, dass Veränderungen und Verschmelzungen die Identität der einzelnen Gestalten nicht gefährden.
BENJAMIN ist ein Musiktheater in sieben Stationen. Für die Symphonie hat Ruzicka wiederum sieben Momente aus dem Bühnenwerk ausgewählt, die dessen Chronologie entsprechen. Nur die dem Chor gewidmete 5. Station – eine Überschreibung des 4. Entwurfs aus der Oper CELAN – ist ausgespart. Dafür speisen sich die zweite und dritte Station beide aus der zweiten Station der Oper. Recht breiten Raum in der Symphonie nehmen rein instrumentale Teile des Bühnenwerks ein: Das Vorspiel und zwei Zwischenspiele.
Die Symphonie beginnt (wie auch die Oper) mit einer emphatisch von den ersten Geigen „gesungenen“ Linie, deren Kopfmotiv Gis-A-Dis sich in verschiedenen Varianten wie ein diastematisches Emblem durch die im Umkreis von „Benjamin“ entstandenen Werke zieht. Ist es Zufall, dass die Tonfolge die rückläufige Form der Oberstimme eines Hauptmotivs des eindringlichen „Jerusalem“-Chors aus CELAN ist, der seinerseits sein Urbild im 5. Fragment der Komposition „Gestalt und Abbruch“ von 1979 findet? Aus solchen Verbindungslinien spricht die Empathie, die der Komponist beiden heimatlosen, unentwegt suchenden Dichtern und Denkern entgegenbringt und die seit Langem Leitbilder seiner Weltsicht sind.
Ein weiteres Element, das in dieser wie auch in anderen Partituren in zahllosen Varianten wiederkehrt, ist das auf- und abschwellende Klangfeld, mit dem die vielfach geteilten Streicher das Melos der Hauptstimme unterlegen, verschatten, bespiegeln. Diese und viele andere, gleichsam flüssig sich verändernde musikalische „Vokabeln“ prägen einen Orchestersatz voller Gegensätze und Geheimnisse. Die Gesangsparts der beiden Protagonisten (Walter B. und Asja L., die »bolschewistische Prinzessin und marxistische Theatergöttin“, in die sich Benjamin verliebt), sind überwiegend instrumental geführt. Hier der hysterische Impetus der überzeugten Marxistin, die den Philosophen auf ihre politische Seite ziehen will, dort die kleinschrittiger gehaltene, flehende Diktion des zweifelnden Juden, der versucht, die attraktive Frau für sich zu gewinnen. In ihrem großen Duett singen sie aneinander vorbei. Lediglich im Projekt eines proletarischen Kindertheaters finden die beiden kurzzeitig zusammen. Das Leben Walter B.s bleibt eine Flucht. Seine letzten Worte: „Ich darf nicht zu spät kommen“.
(Uwe Sommer Sorgente)

Subjects
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cd_cover

Lini Gong / Thomas E. Bauer / Kinderchor der Oper Frankfurt / hr-Sinfonieorchester / Peter Ruzicka
hässler Classic HC23053

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