Sikorski
„(…) Beethovens Struktur A-B-A1-B1-A2, in der die kontemplativen langsamen A-Abschnitte mit Adagio molto bezeichnet sind und die B-Abschnitte mit der Bezeichnung Andante eher tänzerische Energie wie aus ‚wiedergewonnener Kraft‘ aufweisen, bleibt erhalten. Das Werk wird von einem zusätzlichen kurzen Präludium und einem Postludium eingerahmt, in die kein originales Beethoven-Material eingearbeitet ist. Die Stimmverläufe aus Beethovens Op. 132 sollen nicht anders gespielt werden als die anderen drei Stimmen. Sie werden als organische und integrale Bestandteile des neuen Quartetts behandelt. Ob das Publikum ihre Herkunft erkennt oder nicht, ist für das Hörerlebnis unerheblich. Vielleicht sollten Publikum und Interpreten dieses Werk als ein neues Streichquartett des 21. Jahrhunderts betrachten, in dem Beethovens Strukturen und die einzelnen Stimmverläufe im Rahmen einer neuen Originalkomposition mit interpretatorischen und spieltechnischen Variablen originalgetreu rekontextualisiert werden.“ (Lera Auerbach)
Lera Auerbach widmete ihr Streichquartett Nr. 9 dem Jubilar des Jahres 2020, Ludwig van Beethoven. Die Komponistin legte dem Werk den 3. Satz aus Beethovens 15. Streichquartett a-moll op. 132 zugrunde, der überschrieben ist „Heiliger Dankgesang eines Genesenen an die Gottheit, in der lydischen Tonart". Offensichtlich wollte Beethoven darin seinen Dank für die Überwindung einer Krankheit zum Ausdruck bringen. Die Komponistin lässt in den einzelnen Abschnitten ihres Streichquartetts abwechselnd jeweils ein Streichinstrument die originale Beethoven-Stimme spielen, während die anderen drei Stimmen dazu frei komponiert sind.