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Scoring

3(II,III=picc).3.3(III=bcl).3(III=dbn)-4.3.3.1- timp-perc(3):I=glsp/5tom-t/5tpl.bl/wdbl/tam-t/tgl/II=crot/t.bells/3cyms/metal chimes/timbales/finger cym/claves/tgl/ratchet/III=vib/2bongos/conga/BD/tgl-2harp-cel-strings(14.12.10.8.6)

Abbreviations (PDF)

Publisher

Bote & Bock

Territory
This work is available from Boosey & Hawkes in der ganzen Welt.

Availability

Uraufführung
06/10/2022
Konzerthalle, Bamberg
Bamberger Symphoniker / Jakub Hrusa
Composer's Notes

In Akira Kurosawas spätem Film Träume gibt es eine faszinierende Episode: Der Besucher einer van Gogh-Ausstellung tritt ein in die Bilder, die gleichsam lebendig zu werden scheinen, und findet sich in einer Landschaft wieder, die der auf den Gemälden gleicht.
Schließlich begegnet er darin dem Maler höchstselbst.
In Phantasma verfolge ich eine ähnliche Idee. Ich habe hier versucht, musikalisch in die Bildwelt von Gustav Klimt einzutauchen. Während der intensiven Beschäftigung mit Klimts Werk hat die Betrachtung einiger seiner Gemälde unmittelbar musikalische Ideen und Klangvorstellungen in mir hervorgerufen. Die Fülle an Figuren und Ornamenten, die ihn teilweise bis an die Schwelle der Abstraktion geführt hat, scheint seine Bildsprache für musikalische Assoziationen zu prädestinieren.
Der berühmte dreiteilige Beethoven-Fries, eines der wichtigsten Werke seiner „goldenen“ Periode, ist repräsentativ für Klimts Kunstphilosophie, und er enthält mehrere Motive, die in seinem Schaffen häufig vorkommen. So erinnern beispielsweise die schwebenden Frauengestalten an die in zwei Versionen existierenden Wasserschlangen, und das Motiv des Kusses, von Klimt mehrmals gestaltet, erscheint auch hier.
In seinem Programm zum Fries orientierte sich Klimt an Richard Wagners Interpretation der 9. Symphonie von Beethoven. Es lautet:

Linke Wand:
Die Sehnsucht nach Glück. Die Leiden der schwachen Menschheit: Die Bitten dieser an den wohlgerüsteten Starken als äußere, Mitleid und Ehrgeiz als innere treibende Kräfte, die ihn das Ringen nach dem Glück aufzunehmen bewegen …

Mittlere Wand:
Die feindlichen Gewalten. Der Gigant Typhoeus, gegen den selbst Götter vergebens kämpften; seine Töchter, die drei Gorgonen. Krankheit, Wahnsinn, Tod. Wollust und Unkeuschheit, Unmäßigkeit. Nagender Kummer. Die Sehnsüchte und Wünsche der Menschen fliegen darüber hinweg …

Rechte Wand:
Die Sehnsucht nach Glück findet Stillung in der Poesie. Die Künste führen uns in das ideale Reich hinüber, in dem allein wir reine Freude, reines Glück, reine Liebe finden können. Chor der Paradiesengel. „Freude, schöner Götterfunke“; „Diesen Kuss der ganzen Welt!“

In diesem Programm spiegelt sich das Kunstverständnis Klimts und das der Wiener Sezessionisten wider, das auf totale Ästhetisierung des Lebens und letztendlich Erlösung durch Kunst abzielte.
Es ging mir nicht darum, diesen Verlauf musikalisch nachzuerzählen, sondern mich von Klimts Darstellungen zu einer sehr persönlichen Interpretation inspirieren zu lassen. Die dramaturgische Essenz des Frieses kam dabei als strukturelles Gerüst meinen Vorstellungen sehr entgegen.
In einer Biographie über Gustav Klimt las ich, dass man, um Einlass in sein Atelier gewährt zu bekommen, in einem bestimmten, vorher vereinbarten Rhythmus an die Tür klopfen musste. Ich hatte sofort die Idee für den Anfang des Stücks: Es beginnt mit einer Art Klopfzeichen der Claves über langsamen Streicherakkorden. Es folgt das Hauptthema des Stücks, das von wenigen Holzbläsern, begleitet von Schlaginstrumenten, gespielt wird, sowie ein Violinsolo über einer harmonischen 10-tönigen Konstellation, die ich den “goldenen Akkord” nenne. Diese beiden Elemente, das Thema und der Akkord, durchziehen das Stück in immer neuen Variationen.
Der folgende erste, Die Sehnsucht nach Glück überschriebene Abschnitt ist vorwiegend schwebend und lyrisch, erst gegen Ende steigert sich die Musik zu einem ersten leidenschaftlichen Ausbruch. Er leitet in den zweiten Teil, Die feindlichen Gewalten, über, der dramatischeren Charakters ist. Der Gigant Typhoeus, ein Ungeheuer aus der griechischen Mythologie, und die ihn umgebenden Gorgonen sowie weitere obskure Gestalten sind die Protagonisten dieses Abschnitts. Der dramatische Aspekt, der mit diesen Figuren verknüpft ist, ist für das Werk Klimts untypisch, die Darstellung von Negativität kommt bei ihm selten vor, umso wichtiger war er aber für mich aus musikalisch-dramaturgischen Gründen.
Im dritten Abschnitt, … in das ideale Reich, entwickelt die Musik zunehmend einen ekstatisch-eruptiven Charakter und mündet schließlich in eine Wiederholung des leidenschaftlichen Ausbruchs vom Ende des ersten Teils, der diesmal aber in eine fast triumphale Klimax mündet.
Es folgt eine Coda, die das Klopfzeichen und die Streicherakkorde des Anfangs in variierter Form wiederaufnimmt.
Jeder hat vermutlich schon einmal erlebt, dass kurz vor dem Erwachen am Morgen Geräusche aus der Umgebung Bestandteil eines Traumes werden können. In Analogie zu diesem Phänomen erweist sich das Stück durch das am Ende wiederkehrende Klopfmotiv letztendlich als ein Traumgesicht oder Trugbild – ein Phantasma.
Bernd Richard Deutsch, 2022

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