Concerto for Violoncello & Orchestra
op. 133 (2019)2(=picc).2(II-corA).2(II=bcl).2(II=dbn)-4.2.1.0-harp-cel-strings
Abbreviations (PDF)
Boosey & Hawkes
Schon seit langer Zeit wollte ich gern ein Cellokonzert schreiben: Mehrere Versuche scheiterten, sodass es mich besonders freute, als ich vom Oregon Symphony Orchestra und von Johannes Moser den Auftrag dazu erhielt. Die Uraufführung war ursprünglich für Oktober 2020 geplant und konnte im Januar 2022 mit Verspätung endlich stattfinden.
Die Entstehungsgeschichte des Werks war kurios, schwierig und langwierig: Es gab viele vereinzelte Skizzen, bei denen stets das Soloinstrument und das geplante Konzert im Mittelpunkt stand, die jedoch isoliert für sich und zusammenhangslos dastanden, ohne übergeordnete Form oder Gesamtkonzept. Diese sollten sich dann erst ganz am Ende und völlig unvorbereitet einstellen: Als die Zeit des Cellokonzerts gekommen war, lag das gesamte Material bereits vor und die Komposition war Ende 2019 schnell fertiggestellt. Meiner Meinung nach merkt man dem Werk diese Vielfalt noch an. Ich war ein großer Bewunderer von Johannes Mosers Interpretation des Elgar-Konzerts mit seinen vielfältigen Tonfällen und Stimmungen – von getragener Elegie bis hin zu wechselhafter Lebendigkeit. Diese Lebhaftigkeit habe ich zu übernehmen versucht. Alle vier Sätze, die jeweils ineinander übergehen, bestehen aus mehreren verschiedenen Charakteren und Stimmungen, fast wie Personen in einer nicht vorhandenen Geschichte.
I: Auf eine bravouröse Einleitung des Cellos folgt ein rhetorisches Orchestertutti. Dann schließen in schneller Abfolge ein Giocoso, ein Calmo und ein Animato an, in denen die Stimmungen/Personen sich abwechseln und miteinander interagieren.
II: Die Einleitung des Cellos und das darauffolgende Tutti erklingen erneut und leiten nun zu einem sanften Andante über, das getragener ist und in dem die Celesta dominiert. Anschließend folgt mehr Bewegung mit der Bezeichnung „breit und kräftig“ (broad and bold), es wird feierlich und zuversichtlich, bevor es zu einem Wechselspiel von kurzen zarten Beschwörungen der Streicher kommt und das Cello „lebhaft und trällernd“ spielt (lively and lilting). Auf das lyrische Zwischenspiel zwischen Cello und Streichern folgen ein hymnisches Tutti und ein längeres Scherzando mit wilden Einwürfen der Blechbläser. Diese wechseln sich ab und leiten dann über zu
III: Hier wird die Einleitung des Cellos länger weiterentwickelt als zuvor und geht anschließend über in ein Allegro molto, das sich in ein Scherzo spasmodico steigert, in dem das Cello von Holzbläsern und Hörnern begleitet wird. Im nun folgenden Allegro scheint alles auf eine dritte Runde hinzudeuten…,
… doch diese wird in Satz IV abgebrochen und es erklingt erneut das Tutti der Einleitung, in dem nun allerdings der bravouröse Glanz der Celloeinleitung fehlt. Dieses Tutti entwickelt sich zum dynamischen Höhepunkt des gesamten Werks: Es geht in die Cellokadenz über (in der erneut die Celesta dominiert). Dann folgen die Envoi, dolce und melodiös, und ein ruhiger Schluss, bei dem Cello und Orchester ganz und gar miteinander versöhnt werden und zu einer strahlenden Kadenz aus sämtlichen zwölf Tönen verschmelzen, deren Abstand groß genug ist, sodass keine Dissonanz, sondern eine Konsonanz erklingt.
Robin Holloway, 2021 (Übersetzung: Konstanze Höhn)
Hinweis:
Dieser Werkkommentar kann ohne Kürzungen in Programmheften unentgeltlich abgedruckt werden, sofern der Hinweis "Mit freundlicher Genehmigung des Komponisten" angegeben wird.