Anton J. Benjamin / Simrock
Die zweisätzige Sonate bezieht sich auf die hinduistische Idee des "göttlichen Spiels" (Sanskrit: "lila"), über die R. C. Zaehner schreibt: "So wie der Gläubige Sehnsucht nach Gott trägt und ihn liebt, sehnt sich Gott nach der Seele". Konkretisiert wird diese innige Verbindung des menschlichen Geschehens mit dem göttlichen durch die antike Erzählung von Theseus und Ariadne in der Deutung, die Hugo von Hofmannsthal dem Stoff in seinem Opern-Libretto gegeben hat.
Der erste Satz "Der kosmische Blick" lässt im Klavier die Weite des Kosmos anklingen. Die Viola spielt drei Ragas (an einen Grundton gebundene Melodien, die auf der indischen Musik nachempfundenen Skalen beruhen), in einer gleichsam überpersönlichen Welt, während das Klavier dazu drei Personen portraitiert: Theseus, Zerbinetta (eine Gestalt der "Commedia dell'arte") und Ariadne – die Welt der Menschen.
Der zweite Satz "Ariadnes Verwandlung" beginnt wie eine Fuge, in die dann aber die menschliche Welt mit ihren drei Gestalten eintritt: Theseus und Ariadne sind noch ein Paar, begleitet von Zerbinetta, die das Geschehen in komischen und bisweilen ironischen Kommentaren spiegelt. Alle Motive werden von der Viola gespielt, während das Klavier nur stützt und gelegentlich die Fuge anklingen lässt. Es kommt zum Konflikt zwischen Theseus und Ariadne, die Motive trennen sich im Gegeneinander von Viola und Klavier; schließlich wird Ariadne von Theseus verlassen und bleibt allein in ihrer Verzweiflung – wir finden sie in ihrer Todesbereitschaft, aber sie stirbt nicht, wird verwandelt, gleichsam neu geboren, denn der, den sie für den Totengott hält, ist in Wahrheit der Gott Dionysos.