From Melodious Lay (A Hamlet Diffraction)
(2016)3(II,III=picc,afl).2.4(II=bcl,III=dbcl).2(II=dbn)-4.2.2.btrbn.1-timp.perc(4): I=vib/Chin.cym(sm)/SD/3wdbl/4tom-t/susp.cym/tamb/marimba/vibraslap(hi)/tam-t; II=vib/susp.cym(med)/BD/marimba/lion's roar/tpl.bl/hi-hat; III=3susp.cym(sm,med,lg)/tuned gongs(F2,B2)/BD/SD/2bottles/tam-t/aluminum foil/crot/2tgl/temple bowl(sm); IV*=Chin.cym(sm)/tuned gongs(F#3,C#4)/tam-t/SD/3susp.cym(sm,med,lg)/tamb/aluminum foil/BD/sizzle cym/2tgl/temple bowl(lg)/mark tree/rainmaker-harp-pft-strings(14.12.10.10.8); clarinetIV* needs two Bb clarinets, one tuned a quarter tone down; *placed apart from the orchestra
Abbreviations (PDF)
Bote & Bock
Wenn man sich eingehender mit dem Material zu Shakespeares Hamlet(s) beschäftigt, sieht man sich mit einer schier unendlichen Vielfalt an Entdeckungen und Möglichkeiten konfrontiert, sowohl in erzählerischer Hinsicht als auch was die Grundlage für ein neues musikalisches Vokabular angeht.
Wir wollten eine Oper nach Hamlet schreiben bzw. komponieren (ein Auftragswerk des Glyndebourne Festival, das im Juni 2017 uraufgeführt wurde), in der nur Worte verwendet werden, die von Shakespeare selbst geschrieben wurden oder ihm zugeschrieben werden. Dabei erwies es sich auch nach Generationen forensischer Arbeit an frühen Ausgaben als unmöglich, festzustellen, welche Passagen in der ersten Quarto-Ausgabe, in der zweiten Quarto-Ausgabe, in den ersten Folio-Ausgaben des Stückes, die alle noch zu Shakespeares Lebzeiten oder kurz nach seinem Tod veröffentlicht wurden, wirklich von ihm geschrieben wurden und welche nicht. „Verwenden wir doch einfach alle Ausgaben" – das sagten wir uns und taten es dann auch.
Aus diesem Experiment gingen drei weitere Werke hervor: And once I played Ophelia für Sopran und Streichquartett, die Gertrude Fragments, eine kurze Miniaturen-Suite für Mezzosopran und Gitarre, und nun unsere Hamlet-„Diffraktion" – From Melodious Lay, ein orchestrales Poem mit Solo-Sopran und -Tenor.
From Melodious Lay geht der Beziehung zwischen Hamlet und Ophelia nach, die durch eine freie Umverteilung von Texten, die von ihnen gesprochen werden oder von anderen Personen über sie gesprochen werden, in einem neuen Licht erscheint.
Und was wäre, wenn Gertrudes berühmte Klage „I thought thy bride-bed to have decked and not have strew'd thy grave" [in Schlegels dt. Übersetzung: „Dein Brautbett, dacht ich, (süßes Kind,) zu schmücken, nicht zu bestreun dein Grab."] von Hamlet geäußert worden wäre, der sicher auch einmal gedacht hatte, dass er dieses Bett mit seiner Geliebten teilen würde?
Und was wäre, wenn die geheimnisvolle und vom Glauben geprägte Zeile „But for this, the joyful hope of this…" aus der ersten Quarto-Ausgabe eines ziemlich bekannten Hamlet-Monologs [nicht in der gängigen, von Schlegel übersetzen Stückfassung enthalten] uns dabei helfen würde, Ophelias Widerstandsfähigkeit, ihre entwaffnende Fähigkeit, in einer Welt unerbittlicher Hindernisse nach vorne zu schauen, zu verstehen?
From Melodious Lay versucht nicht, Hamlet zu erklären oder zu analysieren. Es stellt vielmehr eine poetische und musikalische Erkundung aufeinander treffender Welten dar – der von Hamlet und Ophelia, der Welt Shakespeares und unserer Welt sowie der Welt des geschriebenen Wortes und seiner musikalischen Reflexion. Es findet in der Tat eine Diffraktion dieser Welten statt – und wie wir hoffen, eine melodische.
Brett Dean, Matthew Jocelyn, Oktober 2016 (Übers.: Konstanze Höhn)