Vergessenes Bild
(Forgotten Picture. Chamber Sonata No.1) op. 29 (1994)fl(=picc).cl(=bcl)-perc(1):vib/glsp/2crot(D4,E4)/t.bell(D1)/2gongs(E,Eb)/sizzle cym/tam-t/frame dr/wood dr/2tom-t(sm,med)/branches/hanging glass sticks-pft-vln.vla.vlc.db.
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Bote & Bock
Bei der Komposition des Stücks Vergessenes Bild nach einem verschollenen Transparentgemälde von Caspar David Friedrich hat Detlev Glanert weniger sein Titel Allegorie der religiösen Musik als vielmehr die Komposition des Bildes, die dort vorhandene Grundidee einer romantischen Haltung interessiert.
Die Sehnsucht der Romantiker nach vollständiger Synthese und Harmonie auseinanderstrebender Dinge dürfte für uns heute wegen ihres erheblichen utopischen Potentials aktuell sein; aus diesen Utopien und Traumbildern kann auch Musik entstehen.
Die fast unwahrscheinliche Schönheit eines mitternächtlichen Moments wird durch eine streng symmetrische Komposition des Bildes ausgeglichen, die nicht vorhandene Farbe unterstützt noch den Charakter einer Konstruktionszeichnung – aber der eines Traums; fast ist es schon eine Partitur.
Parallel zur Komposition stellte der englische Maler, Grafiker und Videokünstler Dan Fern einen Film her, der mit genau denselben Mitteln, die Glanert zur Komposition verwendete, eine Bildfantasie über Caspar David Friedrich darstellt – keine Bildkopie, sondern ein Bild über das Bild.
Glanert hat die Skizze Friedrichs in zwölf Raster aufgeteilt, jedes erhielt einen poetischen Begriff; aus jedem dieser Begriffe habe ich ein musikalisches Bild gestaltet: als Versuch, einen mitternächtlichen Moment ins Zeitlose zu dehnen – nicht im Sinne einer Begleitmusik zu Handlungen, sondern im Sinne einer neuen Dimension für einen ersehnten Augenblick.
Thomas Tangler