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Scoring

cl.bn-hn-strings(1.1.1.1.1)

Abbreviations (PDF)

Publisher

B&B

Territory
This work is available from Boosey & Hawkes in der ganzen Welt.

Availability

Uraufführung
26/02/1997
Kampnagel, Hamburg
ensemble acht
Repertoire Note

Eng verwoben ist die Entstehungsgeschichte der Schumann-Variationen op. 9 mit Brahms’ Freundschaft zu Robert und Clara Schumann. Dieses selten gespielte frühe Meisterwerk weist so viele über das Klavier hinausgehende Züge auf, dass sich eine Einrichtung für Instrumente anbot. Detlev Glanerts Bearbeitung respektiert vollkommen Brahms’ Notentext, führt aber dort angesetzte Entwicklungen und Kontrapunkte weiter, wo der Komponist sie wegen der Einschränkung durch zwei Hände fallenlassen musste. Die Farben der Instrumente werden im Stile Brahms’, aber durchgehend analytisch eingesetzt. Boosey & Hawkes

Das Thema wählte Brahms sich aus den Bunten Blättern op.99 von Schumann; über dasselbe Thema hat Clara Schumann 1853 ebenfalls Variationen geschrieben. Schumann und Brahms zitieren beide ein Thema von Clara Schumanns op.3, über das wiederum Schumann ein Stück komponiert hatte (sein op.5).

Warum eine Bearbeitung, eine Instrumentation eines reinen Klavierwerks? Der Grund hierfür kann nur in dem Werk selbst gefunden werden, wenn es nämlich Züge und Entwicklungen aufweist, die über den Klavierklang hinausgehen. Dies scheint bei der vorliegenden Komposition der Fall zu sein: durch ihre Kontrapunktik, durch die gesteigerte Farblichkeit der Variationen, durch die erstaunlich starke Abwesenheit typischer Klavierfigurationen (was eventuell erklärt, warum es relativ selten gespielt wird).

Vieles weist schon auf Brahms’ spätere Kammermusik und Sinfonik hin, wenn auch noch unausgeführt, aber immer mit der Frische des ersten Moments. Der intime Charakter der 16 Variationen, die Clara Schumann zum Geschenk gemacht wurden, als ihr Mann seit vier Monaten im Irrenhaus war, läßt eine sinfonische und damit verbreiternde Bearbeitung nicht zu; die dunkel getönte Lyrik, die oft in Dreiergruppen fortschreitenden Variationen sowie die Nähe zum Liedhaften und damit zu Schubert waren Legitimation der Oktettbesetzung.

In dieser Gruppierung können alle Instrumente solistisch hervortreten und auch begleiten; auch die Homogenität der Farbe scheint für die musikalische Grundhaltung dieser Klaviervariationen überzeugend zu sein.

Die Bearbeitung selbst folgt zwei Grundprinzipien: einerseits den Stil der Brahms’schen Instrumentenbehandlung nicht zu verlassen, andrerseits die Einfärbung und Verkörperlichung der Klavierklänge nach analytischen Gesichtspunkten vorzunehmen, nach dem Vorbild Anton Weberns.

Weglassungen wurden gar keine vorgenommen, Hinzufügungen nur in ganz geringem Maße, wie z.B. verschiedene Akkordauffüllungen, Fortsetzung einer Kontrapunktik (wenn zwei Hände es nicht mehr schaffen), diskrete Oktavierungen dort, wo sie im Sinne des Komponisten eine Hauptsache hervortreten lassen, und Ausinstrumentierung von obligaten Pedalwirkungen, die manchmal nicht notierte Stimmführungen hervorheben.

Brahms’ ursprüngliche Version ohne die Variationen 10 und 11 weist eine sonatenhafte oder gar sinfonische Struktur auf: ein Anfangsallegretto mit langsamer Einleitung, das sich zu einem ersten Finale steigert (Var.6), ein langsamer Satz (Var.7 und 8), ein Scherzo (Var.9, 12 und 13), sowie ein Walzerfinale (Var.14, 15, 16), das am Ende durch seine Zerlegungstechnik an Spätes von Mahler erinnert.

Die zwei Monate später nachkomponierten Variationen 10 und 11 gehören zum musikalischen Höhepunkt dieses Zyklus – sie unterbrechen die drei Scherzo-Variationen, und hier findet sich auch in der 10. Variation das Clara-Schumann-Zitat.

„Rose und Heliotrop haben geduftet“ steht von Brahms’ Rand darüber – Ausdruck einer Liebe, über deren Erfüllung oder Vergeblichkeit bis heute spekuliert wird.

Wie so oft beim jungen Brahms steht auch hier der Hörer vor der erstaunlichen Tatsache, daß die musikalische Konzeption und Durchführung völlig dem Stil des alten Brahms entspricht – spätere Korrekturen waren marginal.

Der Lebensplan scheint für seine Musik schon entworfen, trotzdem Vieles neu, experimentell und frisch wirkt – die musikalischen Grundlagen aber werden sich bis zu seinem Tod nicht mehr verändern.

© Thomas Tangler


Kurzversion:

Die Schumann-Variationen op.9 von Johannes Brahms entstanden kurz nach der Einlieferung seines Freundes und Förderers in die Irrenanstalt Endenich und tragen einen elegischen, in der letzten, 16. Variation geradezu desperaten Charakter, der eigentlich erst wieder durch die Spätwerke Mahlers erreicht wurde. Dieses erstaunlich selten gespielte frühe Meisterwerk weist so viele über das Klavier hinausgehende Züge auf, daß sich eine Einrichtung für Instrumente anbot. Sie respektiert vollkommen Brahms’ Notentext, führt aber dort angesetze Entwicklungen und Kontrapunkte weiter, wo der Komponist sie wegen der Einschränkung durch zwei Hände fallenlassen mußte; die Farben der Instrumente werden im Stile Brahms’, aber durchgehend analytisch eingesetzt. Die Musik weist ungarische und kontrapunktische Einflüsse auf, daneben tritt die romantische Florestan- und Eusebius-Begeisterung des jungen Komponisten. Die Variationen 10 und 11 wurden für Clara Schumanns Geburtstag nachkomponiert und gehören wohl zum Schönsten des frühen Brahms.

© Thomas Tangler

Press Quotes

"Glanerts Umformung überzeugt. Die Kombination der überwiegend gedeckten Farben leuchtet so, als stamme sie tatsächlich von Brahms." (Wolfgang Schultze, Berliner Morgenpost, 04.03.1997)

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