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Scoring

1.1.1.1-1.1.1.0-perc(2)-2pft-strings(1.1.1.2.1)

Abbreviations (PDF)

Territory
This work is available from Boosey & Hawkes in der ganzen Welt.
Uraufführung
07/11/2019
Muziekgebouw aan't IJ, Amsterdam
Sarah Maria Sun, voice / Ensemble Modern / Enno Poppe
Composer's Notes

In Assange – Fragmente einer Unzeit geht es um den Angriff auf die Meinungs- und Pressefreiheit und die Gefahr, die uns alle bedroht, wenn das Gesetz plötzlich nicht mehr gilt.
Auf einer tieferen Ebene handelt dieses Werk ganz grundsätzlich von der Gefährdung unserer Freiheit als Individuen. Dabei geht es neben der Frage, was wir (durch die Medien) zu sehen und zu hören bekommen, was uns ‚vorgesetzt‘ wird, auch darum, was wir überhaupt sehen und hören wollen. Was wir überhaupt ertragen und aushalten können, was wir zulassen...

Formal greift Assange – Fragmente einer Unzeit in gewisser Weise auf die Form eines Melodrams zurück und verlangt von der Vokalistin Sarah-Maria Sun, den ‚inneren Prozess‘ der Figur eines ‚existentiell bedrohten Individuums‘ zu gestalten. Da ihre Partie fast durchgängig ohne Text angelegt ist, kann sie diesen Prozess nur durch eine äußerst differenzierte stimmliche Artikulation der notierten Geräusch- und Vokalpassagen sowie eine besondere ‚Haltung der Aufmerksamkeit‘ des Hörens, des Lauschens (auf die sie umtosende Musik) zum Ausdruck bringen.
Zu hören ist Text vor allem aus dem Sampler, live gespielt vom Pianisten Hermann Kreztschmar, der exakt nach Partitur unterschiedliche, den Medien entnommene Meinungen/Stimmen zum Fall Assange in den Raum überträgt. Diese vielen ‚Stimmen‘ bilden einen (medialen) Chor, gegen den sich die Haupt-Figur kaum schützen kann.
Die Rolle der (Ensemble-)Musik ist es, sich in die Symbolisierungen einzumischen, die in den unterschiedlichen Meinungen dieser vielen ‚Stimmen‘ aufscheinen, und Umdeutungen und Irritationen in Gang zu bringen. Dabei greift sie auch auf musikalische ‚Pathosformeln‘ zurück und fragt, ob nicht unter bestimmten Voraussetzungen dem vielgeschmähten _Affekt _ auch ein kritisches Potential innewohnt?
Wo fängt der Kitsch an, wo das Pathos? Die Verdrängung?
Vielleicht ist ja gerade im Pathetischen etwas zu befreien und zu retten, nämlich das, was uns seit je her an seiner Intensität fasziniert und fesselt, was uns aber immer wieder entzogen wird durch die ‚übergroßen‘ symbolischen Schablonen (Klischees), in die unsere Gefühle in verschiedenen gesellschaftlichen Prozessen gepresst werden. Das darin Abgekapselte wäre aufzusprengen, um es wieder ambivalent und neu erfahrbar werden zu lassen – sodass unser eigenes individuelles Gefühl gegenüber der von der Gesellschaft
‚verurteilten Hauptfigur‘ und dem, was uns an ihr fasziniert und abstößt, eine Chance und einen Raum bekommt. Und damit das Fremde, das Verdrängte in uns selbst.
Iris ter Schiphorst, 2021

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