Unsuk Chin: „Featured Musician“ beim Aldeburgh Festival
Im Juni steht Unsuk Chin beim Aldeburgh Festival im Mittelpunkt. Neben der britischen Erstaufführung von Alaraph wird ihr in Konzerten etwa mit dem Cellokonzert, den kompletten Piano Etudes und Nulla est finis eine umfängliche Werkschau gewidmet.
Nachdem sich das britische Aldeburgh Festival in 2022 der Musikerfreundschaft zwischen Benjamin Britten und Dmitri Schostakowitsch gewidmet und im vergangenen Jahr den Jubilar György Ligeti in den Fokus gestellt hat, präsentiert es in diesem Jahr einen intensiven Blick auf das Schaffen Unsuk Chins.
So erlebt ihre im vergangenen Jahr uraufgeführte Komposition Alaraph ‘Ritus des Herzschlags’ am 22. Juni ihre britische Erstaufführung mit dem Royal Academy of Music Symphony Orchestra unter der Leitung von Roderick Cox. Zwei Bilder wären für sie bei der Komposition dieses Werks besonders wichtig gewesen, erklärt die Komponistin: "Zum einen fesselte mich das Konzept der so genannten ‘Heartbeat Stars‘ mit ihrem regelmäßigen Pulsieren. Darauf bezieht sich auch der Titel: ‘Alaraph‘ ist einer der so bezeichneten ‘Herzschlagsterne‘. Dabei handelt es sich um pulsierende veränderliche Doppelsternsysteme auf eigentümlichen Laufbahnen, deren Schwingungen durch Gezeitenkräfte verursacht werden. Der Begriff bezieht sich auf das folgende Phänomen: Bei einer Aufzeichnung der Helligkeit des Sterns über einen Zeitverlauf ähnelt seine Lichtkurve dem Herzschlag in einem Elektrokardiogramm. Auf dem zweiten entscheidenden Bild waren bestimmte Aspekte der traditionellen koreanischen Musik zu sehen – sowohl die ‘statische‘ höfische Ritualmusik als auch die lebendige Volksmusik. Ich habe beide nicht in Form von Zitaten verwendet, sondern mich in der Gestik und Struktur meines Werks andeutungsweise wie von fern, in komprimierter und stark stilisierter Weise darauf bezogen."
Zwei Tage zuvor interpretieren Cellist Alban Gerhardt und das BBC Scottish Symphony Orchestra unter Ryan Wigglesworth Chins Cellokonzert. Das Werk wurde 2008 für Gerhardt komponiert und hat seit seiner Uraufführung bereits über 50 Aufführungen erlebt – mehr als 30 davon mit dem deutschen Cellisten, der das Konzert auch auf CD eingespielt hat. Das Cellokonzert ist seit Kurzem auch als Studienpartitur in unserer Hawkes Pocket Score Reihe (979-0-060-13006-9) erhältlich.
Abgerundet wird das Unsuk-Chin-Portrait von den Pianisten Joseph Havlat und Rolf Hind, die alle sechs Klavieretüden aufgeteilt in zwei Gruppen am 10. (Nr. 3, 4 und 5 mit Joseph Havlat) bzw. 20. Juni (Nr. 1, 2 und 6 mit Rolf Hind) jeweils im Britten Studio spielen werden. Die Kathedrale von Ely mit ihrer eindrucksvollen gotischen Architektur bietet die Kulisse für die britische Erstaufführung von Chins Nulla est finis, das als Präludium zu Tallis' berühmter 40-stimmiger Motette Spem in alium komponiert wurde und am 12. Juni vom Vokalensemble Tenebrae unter Nigel Short interpretiert wird.
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Foto: Unsuk Chin (© Priska Ketterer)