Isang Yuns Namo in neuer Partiturausgabe
Ein exzeptionelles Werk Isang Yuns wurde nun erstmals aus der Handschrift des Komponisten in professionellen Computer-Notensatz überführt: Namo für drei Soprane und Orchester auf einen buddhistischen Text entstand 1971, nachdem der Komponist aus koreanischer Haft nach Berlin zurückgekehrt war.
Namo ist eines von drei Werken Insang Yuns (1917 – 1995), die der Verlag Bote & Bock (welcher den Komponisten vorbildlich betreute) seinerzeit nicht abgeschrieben und nicht im Druck veröffentlicht hat; Aufführungen fand aus dem handschriftlichen, von zahlreichen grafischen Eigenheiten durchzogenen Notenmaterial statt. Holger Groschopp, der in den letzten Jahren schon etliche Ausgaben betreute und ein profunder Kenner von Yuns Schaffen ist, hat nun, in jahrelanger zäher Arbeit die Partitur von Namo gesichtet und erstmalig gesetzt.
Namo ist ein ungewöhnliches und zugleich sehr reizvolles Werk, das – wie andere Kompositionen Isang Yuns – nichts von seiner Frische und Wirksamkeit eingebüßt hat. Es wurde im Mai 1971 von den Sängerinnen Dorothy Dorow, Maria de Francesca und Slavka Taskova mit dem Radio-Symphonie-Orchester Berlin unter Michael Gielen uraufgeführt, und zwar in der Reihe „Musik der Gegenwart“, damals eine Kooperation des Senders Freies Berlin (heute RBB) mit dem Westdeutschen Rundfunk. 1975 erstellte der Komponist eine alternative Fassung mit nur 1 Sopran.
Namo basiert auf einem buddhistischen Text in Sanskrit, der die wesentlichen Elemente einer kurz gefassten Guru-Pudja beinhaltet. Musikalisch eigentümlich ist dem Werk, dass Yun sich bei der Komposition vorrangig an koreanische schamanistische Rituale erinnerte. Sich wiederholende Anrufungen wie „Namo Buddhaya!“ (Gegrüßet sei Buddha!) ermöglichten ihm Steigerungen auf gewisse Punkte zu, damit zugleich die Entfaltung heterophoner Verzweigungen der drei ähnlich timbrierten hohen Sopranstimmen. Singend betätigt jede der Solosängerinnen zudem eine Trommel, koreanische chwago-Trommeln verschiedener Größe. Die Begleitung durch das relativ groß besetzte Orchester, ohne Violinen, mit dreifachen Bläsern und reichem Schlagzeug, ist in dunklen Farben gehalten.
Bei Namo handelt es sich um die Erfüllung eines Kompositionsauftrags, den Klaus von Bismarck, damals Intendant des WDR, an Isang Yun während dessen Seouler Haft (1967 – 1969) erteilte. Das Autograph liegt heute im Archiv des Senders. Der Mitschnitt der Uraufführung findet sich auf der CD IYG 003. Zuletzt aufgeführt wurde das 20-minütige Werk Ende 2011 durch das WDR Sinfonieorchester Köln unter Rupert Huber mit Petra Hoffmann, Silke Evers und Heike Heilmann, Sopran.
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Foto Isang Yun @ Jörg Wellhausen