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Das Schaffen von Hans Winterberg entpuppt sich als immenser musikalischer Schatz. Nach dem Tod des Komponisten 1991 lange Jahre unter Verschluss, wird es nun von Boosey & Hawkes in Kooperation mit dem Exilarte Zentrum der mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst Wien sowie dem Enkel des Komponisten erschlossen und erstmals publiziert.

Hans Winterberg (1901–1991) wird erst seit wenigen Jahren als einer der wichtigsten Vertreter der tschechischen Avantgarde der ersten Hälfte des 20 Jahrhunderts wiederentdeckt. Zu Lebzeiten aufgeführt, aber nicht verlegt, gerieten seine Werke nach seinem Tod durch tragische Umstände unter Verschluss und werden nun in einer Kooperation zwischen dem Exilarte Zentrum der Musikuniversität Wien und Boosey & Hawkes erstmals herausgegeben. Winterberg überlebte die Shoah im Gegensatz zu seinen Kollegen und Freunden Ullmann, Haas, Krása und Klein durch eine Reihe von Wundern. Als Schüler von Alexander Zemlinsky und Alois Hába steht er sowohl in der Nachfolge Janáceks, wie er auch dem weiteren Umfeld der Zweiten Wiener Schule zuzurechnen ist.

Das aktuelle Editionsprojekt ist eines der umfassendsten in der Geschichte des Verlags, einem Lebenswerk gewidmet, das zahlreiche Kompositionen unterschiedlichster Genres umfasst: Orchesterwerke, Solokonzerte, Ballette, Kammer- und Vokalmusik. Nachdem bereits eine Anzahl von Konzertaufführungen und Einspielungen ermöglicht werden konnten, wird mit ersten Kaufnoten von instrumentalen Solo- oder Ensemblewerken Winterbergs Musik auch einer breiteren Öffentlichkeit von Musizierenden zugänglich, seien sie Profis oder ambitionierte Amateure.

Als erste Ausgaben sind erschienen:

Streichquartett Nr. 1 (1936) „Symfonie für Streichquartett“
Partitur und Stimmen | 979-0-2025-3894-4 | 85,00 €

Das Werk, dessen Manuskript die Wirren des Krieges überlebte und erst 2024 zur Uraufführung kam, „ein Meisterwerk nicht nur der tschechischen Musik, sondern des gesamten Streichquartettrepertoires des 20. Jahrhunderts“ (Michael Haas), ist vielleicht Winterbergs komplexestes, anspruchsvollstes Werk aus der Vorkriegszeit. Hinsichtlich der interpretatorischen Herausforderungen und der Besonderheiten seines stilistischen Ansatzes bewegt es sich auf der Schnittstelle zwischen den Quartetten Janáceks und dessen Schüler Pavel Haas und den Quartettkompositionen der Protagonisten der 2. Wiener Schule.

Sonate für Violoncello und Klavier (1951)
979-0-2025-3810-4 | 34,50 €

Mit der dreisätzigen Anlage und der kurzen Aufführungsdauer von nicht einmal 13 Minuten übt sich das Werk in neoklassizistischer Beschränkung – Geschwätzigkeit, Besinnlichkeit, romantischer Überschwang sind Winterberg fremd. Prägnanz und Knappheit gehen bei ihm aber immer einher mit Intensität und einer überbordenden Fülle an Aktion auf engem Raum. „Eine Musik, deren Sehnen bis zum Zerreißen gespannt sind“ (Frank Harders-Wuthenow).

Sonate für Violine und Klavier (1936)
979-0-2025-3883-8 | 39,00 €

Die Sonate für Violine und Klavier, in Prag entstanden und uraufgeführt, weist alle Charakteristika von Winterbergs Personalstil auf: eine am französischen Impressionismus geschulte Klangsinnlichkeit bei gleichzeitiger expressionistischer Strenge der Harmonik, motivische Kleingliedrigkeit, ein ausgefeiltes Spiel mit polyrhythmischen Patterns, und, vor allem im letzten Satz, ein der tschechischen Folklore entlehnter musikantischer Impetus.

Suite für Violine und Klavier (1942)
979-0-2025-3885-2 | 20,00 €

Komponiert in dem Jahr, in dem sowohl Winterbergs Mutter als auch seine Klavierprofessorin Thérèse Wallerstein von den Nazis ermordet wurden, ist die Suite gegenüber der Violinsonate von 1936 mit unter sieben Minuten Spieldauer stark verdichtet. Eine von chromatischen Wendungen dominierte Melodik und expressionistische Harmonik verleihen dem Werk seinen melancholischen Grundcharakter, der im rhythmisch-perkussiven letzten Satz allerdings einem geradezu unbändigen Trotz weicht.

Zwei Suiten für Trompete und Klavier (1945 & 1952)
979-0-2025-3904-0 | 37,00 €

Winterberg komponierte seine beiden Trompetensuiten an entscheidenden Wendepunkten seines Lebens – die erste wenige Monate nach seiner Befreiung aus dem Ghetto Theresienstadt, die zweite am Beginn eines vielversprechenden Neuanfangs als Komponist in Westdeutschland, wohin er 1947 emigriert war. Ist die 1. Suite noch ganz einem tschechischen Idiom verpflichtet, macht sich in der 2. eine Orientierung an der Tonsprache der zeitgenössischen Musik in Deutschland, insbesondere an Hindemith, bemerkbar. Beide Suiten bieten auf engem Raum ein Kaleidoskop an Stimmungen und spieltechnischen Finessen.

In Vorbereitung:

Suite für Viola und Klavier (1948/49)
979-0-2025-3854-8 | 24,00 €

Sudetensuite (1963/64) für Klaviertrio
979-0-2025-3900-2 | 39,00 €
 



Parallel zur Notenedition hat das Label eda records soeben Teil 1 einer Reihe mit Kammermusik von Hans Winterberg publiziert, darauf mehrere Ersteinspielungen:

Hans Winterberg: Chamber Music Vol. 1
Sonate für Violoncello und Klavier | Suite für Viola und Klavier | Suite für Trompete und Klavier Nr. 1 | Sonate für Violine und Klavier | Streichquartett Nr. 1 „Symfonie für Streichquartett“
Hartmut Rohde, Viola | Andre Schoch, Trompete | Holger Groschopp, Klavier | Adamello Quartett
eda records EDA 051
> mehr zur CD
 

Foto Hans Winterberg: © Peter Kreitmeir

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