Bote & Bock
Meine 4. SONATE FÜR KLAVIER besteht aus einem Satz. Damit folgt sie meinen beiden vorangegangenen Klaviersonaten, die ebenfalls einsätzig sind.
Die Bezeichnung „Sonate“ weist nicht notwendigerweise auf einen bestimmten Formtyp hin. Zwischen den Sonaten von Scarlatti und denen von Boulez liegen Welten, nicht nur des Klanges, sondern auch in der Betrachtung des Formbegriffs. Ich habe in meinen Klaviersonaten im Prinzip am Formbegriff Beethovens vom Sonatenhauptsatz angeknüpft. In dessen Zentrum steht bekanntlich die Durchführung, also jener Formteil zwischen Exposition und Reprise, in dem es darum geht, die für das jeweilige 1. und 2. Thema signifikanten Motive abzuspalten, zu variieren, neu zu beleuchten und miteinander zu verknüpfen.
In diesem Sinne werden in meiner 4. KLAVIERSONATE vier verschiedenartige Elemente „durchgeführt“:
- ein aus einer Quarte und einem Tritonus bestehender Dreiton-Akkord, der wie ein Leitklang das ganze Stück durchzieht
- eine absteigende Ganztonleiter, die immer wieder anders harmonisiert wird
- ein markantes rhythmisches Motiv auf der Basis einer insistierenden Tonwiederholung einer ...
- ... nach meiner Terminologie sogenannten „Klanggestalt“ oder Melodie, die aus drei Phrasen von 6, 7 und 8, also 21 Tönen besteht und bisweilen wie eine Art „cantus firmus“ in Erscheinung tritt. (Der oben erwähnte „Leitklang“ ist aus dem 2. Segment der Klanggestalt abgespalten.)
Alle vier Elemente werden peu à peu mehr oder weniger miteinander verwoben. So ergibt sich ein dialektisches Klangbild, für das mir die Bezeichnung „Sonate“ durchaus angemessen zu sein scheint.
Köln, im November 2022