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Sikorski
„Seit einigen Jahren versuche ich, meinen kompositorischen Schwerpunkt von organisatorischen hin zu klanglichen Komplexen zu verlegen. Dies hat unmittelbar mit meiner Herkunft zu tun. Die Entstehung und das Leben eines einzelnen Tones, der sich in der Stille ausbreitet, sein Obertonspektrum allmählich entfaltet, um wieder in die Stille zurückzukehren, ist in der ostasiatischen Musik wichtig und spielt nun in meiner Musik eine immer größere Rolle. Die europäische Kultur steht im Allgemeinen dazu im Gegensatz, da dieses Phänomen mehr als eine physikalische Basis von Musik betrachtet wird. Die einzelnen Klänge sind für mich keine beliebig disponiblen, neutralen Elemente, sondern gewissermaßen Lebewesen, die ihre eigene Dynamik besitzen und kompositorische Reaktionen herausfordern.
‚Floating Threads‘ - im Deutschen etwa wie ‚Schwebende Fäden‘ - ist eine zweisätzige Komposition, die zwar mit neun Streichern besetzt ist, aber als eine ‚einzige Stimme‘ verstanden werden kann. Das Stück fängt mit dem Ton G an und wird sehr langsam von anderen Tönen in Prime und Oktave überlagert. Später wird der Ton gespalten. Das Intervall - eine reine Quinte bildet hier eine Zentrale. Die ‚Leere‘ der Quinte wird mitunter ausgefüllt.
Meiner Vorstellung nach soll dieser scheinbar unveränderte oder nur minimal veränderte Vorgang, dessen einfache Form nach einer gewissen Dauer ein völlig anderes Gefühl von Zeit vermittelt, den Hörer in einen subtilen Zustand versetzen, in dem sein Hör- und Erlebensprozess erweitert wird. Er soll die unzähligen musikalischen Mikroprozesse wahrnehmen können und dabei immer mehr Neues entdecken und erleben, ohne dass sein Aufnahmevermögen nachlässt.“ (Xiaoyong Chen)