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Scoring

2.1.corA.2(II=bcl).2-2.2.2.0-perc(2)-harp-pft-strings(6.6.4.4.3)

Abbreviations (PDF)

Publisher

Anton J. Benjamin / Simrock

Territory
This work is available from Boosey & Hawkes in der ganzen Welt.

Availability

Uraufführung
30/05/2015
Kulturkirche Altona, Hamburg
Friederike Jahn, violin / Lüneburger Symphoniker / Thomas Dorsch
Composer's Notes

„Sakuntala“ ist ein Drama des indischen Dichters Kalidasa (etwa 390 – 460). Es war bereits zur Zeit der Klassik über den Umweg einer englischen Übersetzung in Deutschland bekannt,  Herder und Goethe haben es geschätzt und gelobt, und Franz Schubert hat es sich als Libretto einrichten lassen für eine Oper („Sakontala“, Oper in zwei Akten, D 701), die allerdings unvollendet blieb. Karl Aage Rasmussen hat das Fragment ergänzt, und nun liegt es in einer Einspielung vor.

Seit meiner Jugend ist für mich die Verbindung der Romantik zu Indien ein wichtiges Thema. Die romantischen Dichter haben sich mit Indien beschäftigt: Rückert war Orientalist und hat aus dem Sanskrit übersetzt, Friedrich Schlegel war ein Kenner der indischen Philosophie, Schopenhauer einer des Buddhismus, und Joseph Görres schrieb: „Nach dem Morgenlande, an die Ufer des Ganges und des Indus hin, da fühlt unser Gemüt von einem geheimen Zug sich hingezogen...“ Den Plan, aus „Sakuntala“ eine Oper zu machen, habe ich vor über 30 Jahren aufgegeben, aber nun kehrt er zurück in Form eines rein instrumentalen Projekts für Violine und Orchester.

Einige meiner Solokonzerte sind ein imaginäres Theater, in der das Soloinstrument einer Person seine Stimme leiht, in diesem Falle wird die Solo-Violine die Sakuntala darstellen, eine junge indische Prinzessin, die in einer Einsiedelei aufwächst. Der junge König lernt sie kennen, als er bei einer Jagd dort vorbei kommt. Sie verlieben sich ineinander, aber durch eine Unachtsamkeit einem ehrwürdigen Asketen gegenüber zieht sie dessen Fluch auf sich, so daß der König sie nicht wiedererkennt. Sakuntala verfällt in tiefste Verzweiflung,  wird dann aber zum Nymphenteich entrückt.

Die ganzen märchenhaften Verwicklungen, die dazu führen, daß am Ende der König Sakuntala doch wiedererkennt und beide ein Paar werden, spielen naturgemäß in der stark abstrahierten Handlung, die dem Instrumentalwerk zugrunde liegen wird,  keine Rolle. Dafür steht eine musikalisch-psychologische Dramaturgie im Vordergrund.

Sakuntala benutzt eine musikalische Sprache, die ich als imaginäre indische Musik bezeichnen möchte. Es geht mir nicht um musikethnologische Richtigkeit, sondern um eine Verwandlung, die eine Begegnung mit europäischer Musik ermöglicht. Die Solo-Violine wird raga-ähnliche Strukturen spielen, allerdings 8-tönige Leitern, die es in der indischen Musik in dieser Form nicht gibt; dennoch wird die Art der Ornamentierung und die Verwendung von Bordunklängen sehr „indisch“ wirken. Es wird drei Expositionsphasen geben: 1. ein „Raga“, der dem Naturzustand entspricht, Sakuntala als das unerfahrene Naturkind; 2. ein „Raga“, der Sehnsucht, Liebe und innere Unruhe ausdrücken kann, und 3. ein „Raga“, der Verzweiflung und Zorn zum Ausdruck bringt. Der König wird ebenfalls mit raga-ähnlichen Strukturen musikalisch repräsentiert sein, aber seine Diktion unterscheidet sich von der Sakuntalas. Daneben erhält auch der durch Sakuntalas Unachtsamkeit erweckte Dämon sein Thema, allerdings in einer nicht-modalen chromatischen Linienführung.

Der musikalische Satz wird keineswegs nur einstimmig sein, sondern eine Art Mehrstimmigkeit entsteht durch Heterophonie oder durch sich aus dem Tonmaterial der Ragas ergebende Zusammenklänge, also gleichsam thematische Akkorde oder Harmoniefolgen.

Im Augenblick der Entrückung erscheint eine ganz andere Welt: eine kleine Nummer aus Schuberts Oper, die genau diesen Augenblick bezeichnet („Stimmen vom Himmel“ vom Ende des 1. Aktes), als ein neues Thema, das Ausgangspunkt einer durchführungsartigen Entwicklung wird. Die Entrückung steht zunächst für ein „Nichts-mehr-wissen-wollen“, und so findet sich Sakuntala nach ihrem Erwachen zunächst in einer merkwürdig leblosen Landschaft wieder. Allmählich kehren die Erinnerung und die Gefühle zurück. Im  Prozess der Wiedererinnerung durchlebt Sakuntala eine ganze Skala der Gefühle, von tiefster Verzweiflung bis zu den Erinnerungen an die Begegnung mit dem König. So umfasst die Durchführung nach und nach das ganze thematische Material. Auf dem Höhepunkt muß Sakuntala mit dem Dämon kämpfen, sie hat inzwischen ganz neue Seiten in sich entdeckt und eine Entwicklung durchlaufen vom unerfahrenen Naturkind zur leiderfahrenen jungen Frau. Musikalisch sind sich im diesem Entwicklungsprozess der Durchführung indischen und europäisch-romantische Denkweisen begegnet und haben sich durchdrungen.

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