Adagio molto e mesto (3rd movement of op.59,1)
(arr.2013)1.0.1.0-0.0.0.0-strings
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Bote & Bock
2013 entschloss sich Brett Dean, seiner Komposition Testament – Musik für Orchester eine Orchesterfassung des langsamen Satzes (Adagio molto e mesto) aus dem Streichquartett op. 59 Nr. 1 voranzustellen – Bruchstücke aus dem Quartett scheinen schemenhaft in Testament auf. Beide Stücke, das Adagio und Testament, werden attacca gespielt, gehen also ohne Unterbrechung in einander über.
Beethovens 1804 bis 1806 komponierte drei Streichquartette op. 59 sind dem damaligen russischen Gesandten in Wien, Fürst Rasumowsky, gewidmet. Der Fürst, der selber Violine spielte, war seit einigen Jahren einer der Gönner Beethovens und ermöglichte in seinem Haus Aufführungen für einen anspruchsvollen Kennerkreis. So engagierte er das damals leistungsfähigste Quartett mit dem Geiger Ignaz Schuppanzigh. Beethovens Kompositionen für diesen Rahmen waren entsprechend modern und komplex gearbeitet – so sehr, dass sie von der damaligen Musikkritik oft als schwer verständlich oder gar verrückt beurteilt wurden.
Der teilweise sinfonische Charakter trug den Quartetten die Bezeichnung "Quartettsinfonien" ein. "Man spürt in jedem Moment das Orchester", befand Romain Rolland. Auch zeichnete sich die Spielweise des Schuppanzigh-Quartetts unter anderem durch eine große dynamische Bandbreite aus – es vermochte ebenso, ein Cantabile "recht singend und rührend" (Reichardt) wie ein Forte in der Stärke eines Kammerorchesters zu spielen. Insofern erscheint die Orchestrierung eines Quartettsatzes, wie Brett Dean sie vornahm, nicht weit hergeholt.
Das Adagio molto e mesto führt – zu seiner Entstehungszeit neuartig – Sonatensatzform und thematische Arbeit in den langsamen Quartettsatz ein. Trauer-Gesten unterschiedlicher Art, musikalische Seufzer und Umspielungen erinnern hingegen an ältere, barocke Kompositionsmodelle. Einer Notiz Beethovens zufolge kommt in dem Satz seine Enttäuschung über die Entfremdung von seinem Bruder Karl zum Ausdruck.
Jens Luckwaldt
Swedish Chamber Orchestra / Brett Dean
BIS-2194