Four Quartets. IV: Prospekt Mira

Four Quartets. IV: Prospekt Mira
Die „Vier Quartette“ für Streichquartett, Sprecher und Tonband beschäftigen den Komponisten und Lyriker Jüri Reinvere schon seit 2011. Damals begann er seinen Zyklus nach eigenen Gedichten, die einen doppelten Dialog suchen mit dem Gedichtzyklus „Four Quartets“, den T. S. Eliot zwischen 1935 und 1942 schrieb, und mit den späten Quartetten von Ludwig van Beethoven, auf die schon Eliot sich
bezog. Wie Eliot so verknüpft auch Reinvere in seinen Gedichten grundsätzliche Überlegungen zur Situation des Menschen in der modernen Welt mit biografischen Ortsmarken. Das physische In-die-Welt-Treten wird am Geburtsort des Komponisten, dem Zentralkrankenhaus Tallinn, reflektiert. Das Verhältnis von Kunst und Spiritualität ist mit der Piazza di Santo Spirito in Florenz verknüpft. Das
Nachdenken über die Natur wird durch das Tessiner Alpendorf inspiriert. Der Moskauer Prospekt Mira wird zum Auslöser von Überlegungen zum Menschen als politisches und gesellschaftliches Wesen, in einer Stadt, in der Menschenleben nicht zählen und in einem Land, für das individuelle Existenzen nur Spielbälle einer monumentalen Manipulation sind.
Für Reinvere selbst, der für die ersten beiden Quartette bereits in Estland mit dem Kulturkapital-Preis ausgezeichnet wurde, sind die „Vier Quartette“ ein Hauptwerk in der Verschmelzung von eigener Lyrik und Musik. Zugleich konfrontiert er in ihnen streng durchgearbeitete Kunst mit dokumentarischem Rohmaterialaufnahmen von einer Entbindungsstation, einem Rosenkranzgebet, Naturgeräuschen und
Aufnahmen vom Roten Platz in Moskau. Mit dem jetzt im Auftrag der Europäischen Wochen Passau vollendeten vierten Quartett schließt sich der Zyklus. Die Uraufführung durch das Minguet Quartett kombiniert, ganz nach dem Wunsch des Komponisten, die „Vier Quartette” mit dem Spätwerk Beethovens. Die ursprünglich in Englisch geschriebenen Gedichte werden dabei von Frank Arnold auf Deutsch vorgetragen.