Bote & Bock
Schon in seinem ersten, hierzulande veröffentlichten und für ihn zählenden Werk, den Fünf Stücken für Klavier (1958), die durch und durch nach Zwölftonreihen gearbeitete sind, setzt er sich souverän über jeden Dogmatismus hinweg, erlaubt sich Abweichungen von der Reihe (sofern das nicht Irrtümer oder Druckfehler sind) und leistet sich Umstellungen von Tönen. Wichtiger noch, er tut etwas, was der Grundintention der Schönbergschen Zwölftonkomposition, dem Prinzip des Gleichgewichts der Töne, geradezu widerspricht. Er unterstreicht gewisse Knotenpunkte der Reihe, hebt durch Wiederholungen Tongruppen hervor. Am weitesten voraus in Yuns Zukunft, nämlich bis in die unmittelbare Gegenwart, weist das vierte Stück. Seine Reihe ist einerseits strenger konstruiert als bei Yun üblich: Die zweite Hälfte ist die Umkehrung der ersten. Andererseits enthält und wiederholt sie den es-Moll-Dreiklang, der in der Umkehrung zum A-Dur-Dreiklang wird, so daß gleich im ersten Takt zwei nach europäischer Tradition extrem weit voneinander entfernte Klänge "bitonal" und signalhaft aufeinanderprallen. Im viel späteren Schaffen Yuns werden A- und Es-Späre als sich ergänzende Yang-Yin Pole innerhalb der taoistischen Welt überaus bedeutsam.
Walter-Wolfgang Sparrer
Randolf Stöck
Internationale Isang Yun Gesellschaft IYG 007