Bote & Bock
Ein "Duett(o)" ist, so ein bekanntes Musiklexikon, "ein (kleines) Gesangsstück für zwei gleiche oder ungleiche Singstimmen mit Begleitung eines oder mehrerer Instrumente". Der Zusatz "concertante" ist hier nicht wie in einem Wettstreit als rivalisierende Komponente zu verstehen, sondern verweist allein auf die Begleitung der Solisten durch die Streicher. Im weitesten Sinn erinnert Yuns Titel an die Tradition des lyrischen Duetts, das als Gegenbegriff zum dramatischen Duett in die Oper Eingang fand.
Beim Komponieren seines den Brüdern Ingo und Johannes Goritzki, den Interpreten der Uraufführung, gewidmeten Duetto concertante, hatte Yun Assoziationen an Höreindrücke aus seiner Kindheit: Auch in den Klängen der umherziehenden Musiker würden Elemente der altkoreanischen Hofmusik nachhallen.
Yun organisierte einen nahtlosen, auf Verschmelzung drängenden und kraftintensiven musikalischen Prozeß. Dabei sind die Stimmen der Oboe und des Violencellos von vornherein in der relativen Einheitlichkeit eines "Klangbands" – des zum "Pinselstrich" erweiterten Tons angelegt; äußerlich-virtuose Elemente oder gar ein dialogisierendes Nacheinander spielen hier kaum hinein. Die charakteristisch wellenartigen Verläufe haben auch hier eine klare Dramaturgie.
Bereits die beiden ersten "Klangwellen" (es sind dies knapp drei Minuten) ergänzen einander zu der Aufwärtsbewegung des nach oben gewölbten Halbkreises, der archetypischen musikalischen Chiffre für den Himmel. Steigernd zielt die folgende Phase, in der Yun den Halbkreis in eine Klangwelle zusammenzieht, auf ein Mehr an Höhe. Wie ein Nachklang erscheint sodann eine langsame Periode. Zwei Stufen der Verschnellerung und Dramatisierung führen zu einer Kadenz, in der die Folge langsam–schnell und die Bewegung von unten nach oben auskomponiert ist. Wie ein ausgedehnter Epilog erscheint der vierminütige Schlußteil. Der Oboist spielt nun das Englischhorn: Noch enger und in irdisch-tiefen Lagen verzahnt Yun die Stimmen der Soloinstrumente.
Yuns Komponieren wurde öfter als "Musik aus dem Geiste des Tao'' beschrieben, als die konkrete Manifestation eines Klangstroms, der aus dem Unhörbaren heraus einsetze und nach seinem klingenden Ende unhörbar noch fortwirke. Zumal der Schluß seines Duetto concertante, dieses Lieds ohne Worte, scheint solche Überlegungenzu bestätigen.
Walter-Wolfgang Sparrer