...meine-keine lieder / die aufgabe von musik
(2014)voice(ampl)-bcl-sample kbd-pft
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Bote & Bock
Dieses Stück versteht sich als eine wissenschaftlich-künstlerische Auseinandersetzung mit dem ‚geistigen Klima’ der Lebenszeit von Inge Müller (1925-1966) in Deutschland mit Schwerpunkt auf der NS-Zeit und ihrer Rezeption in den sechziger Jahren, vor allem durch Hannah Arendt. Gleichzeitig ist diese Komposition auch als eine Art ‚Hommage’ an Inge Müller zu verstehen, deren Gedichte ganz in diese Arbeit mit aufgenommen wurden.
Entscheidend wurde der Gedanke, mich vom Lied – d.h. von der Einheit von Text und Musik, wie sie für das Lied konstitutiv ist – zu verabschieden und mit verschiedenen Texten und unterschiedlichen Textgenres zu arbeiten (inklusive einiger sogenannter Volksliedtexte). Das eröffnete mir die Möglichkeit, theatraler denken und erzählerische Bezüge zwischen den verschiedenen Texten, der Musik und der ‚Szene’ herstellen zu können: Manchmal kommentiert die Musik den Text, manchmal konterkariert sie ihn oder stellt ihn in Frage und umgekehrt. Zudem habe ich den Entschluss gefasst, die meisten Texte nur sprechen zu lassen, d.h. gesungen wird fast nur auf Vokalisen, die gesungenen Partien sind wie ein Kommentar gestaltet.
In meiner Komposition hat die Stimme – dadurch, dass sie einer ‚Figur’ zugeordnet ist –anders als im Kunstlied ein Geschlecht. Damit meine ich nicht die Tonlage. Ich meine den Körper. Meine Komposition ist explizit für eine weibliche Darstellerin/Sängerin geschrieben und die sie begleitenden Musiker sollen im Idealfall männliche Musiker sein. Meine Darstellerin/Sängerin muss daher in theatraler Körperarbeit geschult sein und gelernt haben, auf der Bühne mit Text umzugehen, sich Text ‚einzuverleiben’ – muss die Fähigkeit besitzen, auch Texte, die eigentlich aus einem ganz anderen Kontext stammen (wie z.B. die politischen Essays von Hannah Arendt) zu ‚ver-körperlichen’.
Iris ter Schiphorst