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Publisher

Bote & Bock

Territory
This work is available from Boosey & Hawkes in der ganzen Welt.

Availability

Programme Note

In den Alben, in denen Hans Winterberg Rezensionen und Zeitungsausschnitte sammelte, die im Archiv des Exilarte Forschungszentrums in Wien aufbewahrt sind, gibt es keinen Hinweis auf die Suite für Violine und Klavier von 1942. Im Gegensatz zur 1935/36 komponierten Sonate für Violine und Klavier konnte es im besetzten Prag keine Aufführungen eines Werkes eines einheimischen jüdischen Komponisten geben. Da nach dem Krieg auch keine Aufführungen dokumentiert sind, kann über die Aufführungsgeschichte des Stückes zum gegenwärtigen Zeitpunkt nichts gesagt werden.

Die Suite entstand zwei Jahre, nachdem Winterberg sein Kompositionsstudium beim tschechischen Mikroton-Komponisten Alois Hába begonnen hatte. Es ist erwähnenswert, dass Hábas Klassenliste in diesem Jahr auch Gideon Klein als Kommilitonen aufführt, der allerdings neunzehn Jahre jünger war als Winterberg und sein Studium gerade begann, als Winterberg als Achtunddreißigjähriger sich nach bereits absolviertem Studium an der deutschen Akademie bei Alexander Zemlinsky und Fidelio F. Finke Anfang der 1920er Jahre noch einmal für ein Zweitstudium am Konservatorium einschrieb. Allein die Tatsache, dass Winterberg zu diesem Zeitpunkt erneut studierte, deutet darauf hin, dass er nach der Zerschlagung und Besetzung der tschechischen Republik durch die Nationalsozialisten arbeitslos geworden war und somit Zeit hatte, seine Studien bei einem Komponisten fortzusetzen, der als einer der führenden Vertreter der europäischen Avantgarde galt.

Was die Suite mit der Violinsonate verbindet, sind Passagen, in denen ein mitteleuropäischer Impressionismus zum Ausdruck kommt. Die Auseinandersetzung mit dem französischen Impressionismus, der in seiner Anverwandlung etwas Beunruhigendes bekommt, scheint ein Merkmal von Janácek und der nachfolgenden tschechischen Komponistengeneration gewesen zu sein. Im Gegensatz zur Sonate ist das Werk stark verdichtet, wobei jeder der drei Sätze einen fast schon Haiku-artigen Charakter annimmt. Das thematische Material wird von chromatischen Halbtonschritten dominiert, was, auch unter Verzicht auf Mikrotonalität, einen engen diastematischen Rahmen für melodische Entfaltung bildet.

Offenbar suchten die tschechischen Komponisten einen nationalen Weg zwischen deutscher Ultrachromatik (Wagner, Reger, Schönberg) und französischem Post-Wagnerismus, gemischt mit folkloristischen Elementen, Polyrhythmik und motivischem Minimalismus. Der letzte Satz der Suite ist in dieser Hinsicht besonders bartókianisch. Die Bezeichnung „Suite“ ist irreführend, das Werk wirkt eher wie eine Mikrosonate. Diese Fähigkeit zur Verdichtung der Form und des melodischen Spektrums ist vielleicht das Vermächtnis, das Winterberg aus seinem Kompositionsstudium bei Alois Hába mitnahm.
Michael Haas, September 2023 (Übersetzung: Frank Harders-Wuthenow)

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