2.2picc(II=fl).2.corA.2.bcl.2.dbn-4.4.4.1-timp.perc(5):I=t.bells/flexatone/glsp/SD; II=lion’s roar/crot/flexatone/SD/sistrum/susp.cym(lg); III=susp.cym(sm,lg)/watergong/SD/whip; IV=hammer/anvil/whip/tam-t(lg)/bamboo pipes(lg number); V=BD/wdbl(sm)/SD/sleigh bells(lg number)/swannee whistle/harness bells(lg)/plate gong-harp-pft-cel-strings(16.14.12.10.8)
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Bote & Bock
Der Untertitel assoziiert vordergründig eine populäre Tanzform des 18. Jahrhunderts, doch Glanert versteht „Kontertanz“ eigentlich als Bezug innerhalb seines Œuvres: Burleske ist das Gegenstück zu Katafalk, seinen drei Jahre früher entstandenen „Metamorphosen für großes Orchester“. Als ‚Gegentanz‘ zu jenem forschend trauernden Erinnerungsstück ist dieses geprägt von spielerischer Bewegung und gegenwärtiger Leichtigkeit. Glanerts Lust am intellektuellen Spiel prägt die Burleske, ihrem Titel entsprechend (ital. burlare = scherzen), als ein heiteres, virtuoses Orchesterwerk.
Gegenstand des Spiels ist in erster Linie die Metrik, in kleinsten rhythmischen Einheiten und größeren Taktfolgen. Verschiedene Muster werden probiert, miteinander kombiniert, verdichtet und zerlegt. Auch stellt Glanert verschiedene Antagonismen einander gegenüber: Verdichtung und Ausdünnung, Chromatik und Ganztonbewegungen, fortschreitende Zahlenfolgen und Wiederholungsstrukturen. Diese Antagonismen strukturieren sämtliche musikalische Parameter: Rhythmus, Melodik und Zusammenklang, Instrumentation und Struktur kleiner wie großer Formabschnitte.
Das formale Gerüst der 193 Takte umfassenden Partitur bildet eine Folge von vier Tänzen, gerahmt von einer Einleitung und einer Coda. Anstoß, Verdichtung und Auflösung der Bewegung spannt sich als großer Bogen über dieses „imaginäre Ballett“ (Glanert am 19.03.2001 in der Süddeutschen Zeitung).
Wie in großen Tanznummern der Orchesterliteratur – etwa Johann Strauß‘ An der schönen blauen Donau oder Maurice Ravels La Valse (dessen Farbenreichtum und Delikatesse der Instrumentation Glanert in Nichts nachsteht) – wird die Bewegung aus dem Nichts ins Laufen gebracht. Ausgehend von einem einzigen Ton verdichtet sich in der Einleitung das musikalische Material. Glanert staucht die rhythmischen, melodischen und akkordischen Elemente der ersten fünf Takte auf die Länge von vier, drei und zweieinhalb Takten. Der Verdichtung der horizontalen Ausdehnung entspricht ein steigender vertikaler Ausschlag um den Zentralton e.
Ein kurzes Innehalten auf einer Fermate beendet diesen ersten wie auch die nächsten Abschnitte der Partitur. Knurrend vorwärts treibende Glissandi in Schlagzeug, Harfe und Tasteninstrumenten stoßen jeweils den nächsten Abschnitt an.
Antreiber des rhythmischen Spiels sind Trompeten, Holzbläser und kleine Trommel. Jazzige Vorschläge und Offbeats, Punktierungen und parallel laufende Sechzehntelkaskaden, gewürzt mit metrischen Verschiebungen, prägen die rotierende Motorik. Der zweite Tanz variiert durch instrumentale Verdichtung und Beschleunigung der Bewegung und mündet in einer Flöten-Melodie über einer fließend-flirrenden Klangfläche aus Harfenarpeggio, Celesta und Streicher-Flageoletts. Der dritte Tanzabschnitt experimentiert mit verschiedenen Grundrhythmen, gefolgt von einer ausgedehnten Melodie-Fläche, die hier das Orchestertutti ergreift. Der vierte Tanz setzt mit einer Beschleunigung ein, der Grundrhythmus wird kleinteiliger, die Verknüpfung der verschiedenen musikalischen Schichten enger – und verflüchtigt sich schließlich. Mit der größtmöglichen Akkumulation in der Vertikalen eröffnet die Coda: ein ffff-Ganztoncluster über fünf Oktaven, plötzlich abgebremst. Dieser Klang wird in vier Schritten reduziert, verlangsamt und instrumental ausgedünnt, durchzogen von kleinen Erinnerungen an das rhythmische Geschehen. Die Burleske verklingt mit dem Anfangston in tiefstmöglicher Lage, augenzwinkernd ergänzt um seinen Tritonus.
© Swantje Gostomzyk
"Der musikalische Gedankengang dieser Uraufführung war gut zu verfolgen und die Aufführung klangfroh und wuchtig. Humor und Tanz waren nur archaische Ideen im apokalyptischen Spiel – in etwa so, als hätte Strawinsky ein Bruckner-Scherzo komponiert." (Thomas Willmann, tz München, 21.03.2001)
Bayerisches Staatsorchester München / Yun Märkl
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