Bote & Bock
Als ich zum allerersten Mal in der Bratschengruppe der Berliner Philharmoniker spielte, hatte ich das Glück, am selben Pult zu sitzen wir der langgediente und aufs herzlichste respektierte philharmonische Bratschist Siegbert Ueberschaer. Schon in den Anfangstakten von Dvoraks Stabat Mater geriet ich in Konflikt mit der legendär späten Reaktionszeit des Orchesters und setzte genau mit dem Schlag ein – genau so, wie es mit viele Jahre Orchestertraining in Australien gelehrt hatten. Siegbert sah mich freundlich und wissend an und sagte: "Spiel mit mir, atme mit mir, als ob wir Kammermusik spielen würden." Siegberts führende Hand, seine subtile und dabei bezwingende Körpersprache beim Spiel halfen mir, etwas Grundlegendes über die sehr spezielle Funktionsweise des Orchesters zu erkennen, und es folgte eine langandauernde Freundschaft, durchdrungen von seiner Großzügigkeit und seinem Humor.
Siegbert Ueberschaer starb 2011. Da dieses Stück als Standardwerk für einen Bratschenwettbewerb in Auftrag gegeben wurde, war ich bestrebt, mit der Komposition einen doppelten Zweck zu erfüllen: Siegberts mit Musik für sein (und mein) geliebtes Instrument zu gedenken und zugleich ein geeignetes Prüfungsstück für eine ehrgeizige Gruppe begabter junger Bratschisten vorzulegen. Die Außensätze, im Charakter nachdenklich und trauernd, rahmen deshalb ein zentrales virtuoses, unerbittlich vorandrängendes Perpetuum mobile.
© Brett Dean, 2013 (Übers. JL)