1(=picc,afl).1(=corA).1(=Ebcl,bcl).1(=dbn)-1.1(=picc.tpt).1.0-perc(2):I=vib/5cowbell/4tom-t/3bongo/tamb/steel drs/brake dr/metal block/anvil/tam-t/maracas/guiro/rain stick/ocean dr/thunder sheet/wind machine/2elec.bells(hi,lo)/bird whistle/ratchet; II=marimba/t.bells/bell plate/2gong/Chin.opera gong/brake dr/water gong/cym(lg)/hi-hat/SD/BD/lion's roar/spring dr/guiro/whip/whistle/ rain stick-pft(=cel)-accordion-strings(1.1.1.1.1)
Abbreviations (PDF)
Bote & Bock
Dr. Futurity für 16 Instrumente entstand 2012 – 2013 für das Klangforum Wien als Auftragswerk im Rahmen des Erste Bank-Kompositionspreises 2013.
In der Zeit vor und während der Arbeit an Dr. Futurity las ich mehrere Romane und Kurzgeschichten des legendären amerikanischen Science-Fiction-Autors Philip K. Dick (1928 – 1984), einem der einflussreichsten und produktivsten Vertreter dieses Genres. Seine Werke wurden oft verfilmt (etwa Blade Runner), sein Einfluss lässt sich aber auch in zahlreichen Filmen erkennen, die sich nicht explizit auf ihn beziehen.
In seinen dystopischen und häufig in einer postapokalytischen Welt angesiedelten Geschichten dient das Science-Fiction-Ambiente meist nur als Kulisse für philosophisch-existentialistische und theologische Fragestellungen. Oft erweist sich dabei die zunächst dargestellte Realität im Laufe der Handlung als (nicht selten drogeninduzierte) Illusion. Viele Elemente, wie die Kritik an der Konsumgesellschaft und die vermeintlich paranoide Angst vor dem totalen Überwachungsstaat, erscheinen im Rückblick geradezu prophetisch.
Dr. Futurity ist der Titel eines frühen Romans von Philip K. Dick, einer Zeitreisegeschichte. Bei meiner Komposition handelt es sich allerdings nicht um Programmmusik, sie ist vielmehr als Hommage an den Autor gedacht und nur atmosphärisch mit einzelnen Szenen und Elementen aus seinen Büchern verbunden.
Der Titel des ersten Satzes … trip – from Mars to here ist ein Zitat aus einem der berühmtesten Romane von Philip K. Dick, Do Androids dream of Electric Sheep?. Die Musik ist vorwiegend energisch pulsierend und von zahlreichen scharfen rhythmischen Kontrasten geprägt.
Der zweite Satz mit dem Titel Chimaera (dt. Schimäre) ist dreiteilig: Er beginnt mit dem Rauschen von Regenstäben und leise flirrenden Klangfarbentrillern in einer gleichsam irrealen Stimmung. Der Kontrabass hat ein Solo in der hohen Lage, und ein absteigendes Hornsolo beendet den ersten Abschnitt. Im Mittelteil erscheint eine fremd anmutende expressive Kantilene der Oboe d’amore. Der dritte Abschnitt ist wiederum eine variierte Wiederholung des ersten.
Der dritte Satz Red Alert! baut auf zwei unterschiedlichen Elementen auf: dem stürmischen Beginn, in dem Alarmsirenen aufzuheulen scheinen, und dem überraschend darauf folgenden Akkordeonsolo. Die motivischen Zellen des Letzteren werden in der Folge vom Ensemble weiterentwickelt, worauf eine Reprise des Anfangs folgt, die zu einer explosionsartigen Klimax führt. Nach einem absteigenden, einen „finalen Exitus“ evozierenden Posaunensolo folgt eine vom Fagott initiierte Coda, in der die beiden Grundelemente des Satzes, Alarmsignal und Akkordeonsolo, miteinander verbunden werden.
Bernd Richard Deutsch
"Deutsch kultiviert darin einen herrlichen Mix aus Folgerichtigkeit und kreativen Überraschungen, in dem auch althergebrachte Klänge (etwa Alarmglocken am Beginn des Finales) ungeniert und doch originell zum Einsatz kommen. Glitzernde Klangnebel, aufrauschende Beinahekatastrophen, poetisches Nachsinnen, bald kreatürlich jaulende, bald ironisch grinsende Soli: erfrischende Musik voll Saft und Kraft, eine bunte Fülle von Noten, doch keine zu viel und jede an ihrem Platz." (wawe, Die Presse, 15.11.2013)
"Der erste Satz ... trip- from Mars to here) stellt ein flirrendes Geflecht von pulsierenden Repetitionen, Skalenausschnitten und Schlägen dar, ist polyrhythmisch durchgebildet und tiefenscharf durch dynamische Abstufungen innerhalb des Klangbildes. Wellen von auf- und abwärts gerichteten Läufen durchziehen ihn und bilden ein Element, das ihn mit den anderen Sätzen verbindet und so trotzgegensätzlicher Charaktere überraschende Verwandtschaften zutage fördert: mit Chimaera, wo durch Regenstäbe und Streicherflageoletts eine unwirkliche Stimmung beschworen wird, durch die ein langes Kontrabass-Solo ebenso geistert wie eine fremd anmutende Kantilene der Oboe d’amore; schließlich mit Red Alert!, wo Alarmsirenen grotesk und surreal aufheulen, wobei auch Alfred Hitchcock und dessen bevorzugter Komponist Bernard Herrmann ein wenig grüßen lassen." (Daniel Ender, ÖMZ 11/2013)
Klangforum Wien / Enno Poppe
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