fliegen fliegen?
(2003)Bote & Bock
Juli 2003: Künstlerinnenhof Die Höge, Atelier 2, Schreibtisch mit Partitur, ein Stück für die Klangaktionen München ist im Entstehen.
Klänge, Noten werden aufs Papier gebracht, dazwischen wird die Stille von einem lauten "flatsch" unterbrochen. Eine Fliegenklatsche saust auf ihr Opfer hernieder, das sich in seiner Wiederauferstehung zu doppeln scheint.
Bildwechsel : in seine Arbeit vertieft steht Thierry Aué mit der Kamera dicht vor den Fensterscheiben des Ateliers und filmt, man weiss nicht so genau was, minutenlang verharrend, von Zeit zu Zeit den Platz wechselnd.
FLIEGEN – vom Störobjekt des einen zum Objekt künstlerischer Aufmerksamkeit des anderen avanciert.
Beim späteren Anschauen des Filmmaterials ist die Musik zum Trio plötzlich im Kopf, das ganze Stück. Wie schon so oft, wurde ein Augenblick zum Hörblick.
Schnell wird die Idee zur gemeinsamen Arbeit geboren.
Aué’s Interesse für die Fliegen resultiert aus ihrer Art, eine perfekte Maschine, vielleicht eher Monster zu sein, ihr chaotischer Flug ist funktionierende Überlebensstrategie, faszinierend in seiner Unberechenbarkeit. Die Musik ist ebenso: Organisation höchst komplexer, scheinbar chaotischer Muster, jedoch keinesfalls als Übersetzung eines Bildes, sondern in ihrer eigenen Unabhängigkeit und zufällig ähnlichen Strukturierung eines sozusagen natürlichen Modelles zu verstehen.
Annette Schlünz
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