OPERNSUCHE
Joseph Süß
(Joseph Suess) (1997-1999)Libretto von Werner Fritsch und Uta Ackermann; englisch Übersetzung von Lisa J. Coppack (dt., engl.)
S,colS,M,T,highBar,Bar,speaking role; mixed chorus;
1(=picc).2.corA.0.bcl.1.dbn-0.2(=picctpt).2.1-timp.perc(3):I=5tom-t/SD/anvil/t.bells/vib/tgl/whip/wdbl; II=plate gong/tam-t)lg)/watergong/chin.cym/susp.cym/anvil/SD/vib/whip/tamb/crot/wdbl; III=BD/whip/glass chimes/SD/crot/gong in lo Eb/wood dr/hammer/wdbl-harp-pft-cel-hpd(ampl)-elec.org-strings(6.0.6.4.4)-tape
Abkürzungsverzeichnis (PDF)
Bote & Bock
Bremer Theater, Bremen
Tilman Knabe, Regisseur
Dirigent: Rainer Mühlbach
Ensemble: Bremer Theater
JOSEPH SÜß OPPENHEIMER | Bariton |
HERZOG | Baßbuffo |
NAEMI, Tochter des Joseph | Sopran |
WEISSENSEE | Tenor |
MAGUS | hoher Bariton |
MAGDALENE, Tochter Weissensees | Mezzosopran |
GRAZIELLA, Mätresse des Herzogs | Koloratursopran |
HENKER | stumme Rolle |
Kerker, 1738
Diese Oper ist ein Versuch, der historisch verbürgten Figur des Finanzrats Joseph Süß Oppenheimer am Hofe Karl Alexanders von Württemberg, dem nicht nur in der Geschichte, sondern in der Folge auch in Geschichten, besonders in dem berüchtigten Film von Veit Harlan, Unrecht widerfahren ist, Gerechtigkeit zuteil werden zu lassen, ohne die Figur freilich billig zu idealisieren. Im Kraftfeld von Macht, Finanzpolitik, Religionsrivalität und Eros einerseits und der Liebe zu seiner Tochter Naemi, jüdischer Tradition und jüdischer Mystik andererseits wird Joseph Süß – eine Zeitlang Garant des höfischen Prunks und Nutznießer der herzöglichen Unersättlichkeit – Opfer des Staatsstreiches, den er angezettelt, vorangetrieben und schließlich verraten hat, um für den vom Herzog verschuldeten Tod Naemis Rache zu üben. Nach dem gescheiterten Umsturz erleidet der Herzog einen Schlaganfall. Joseph Süß wird als Sündenbock ins Gefängnis geworfen und zum Tod durch den Strang verurteilt. Hier setzt die Handlung der Oper ein. Wie ein Alptraum bedrängen Joseph Süß in seiner Kerkerzelle die Stimmen der Lebenden und der Toten. Sie verdammen ihn, rufen Erinnerungen an seine Erfolge wach oder wollen ihn aus seiner jetzigen Lage befreien. Joseph Süß jedoch schlägt alle Möglichkeiten, sich zu retten, aus. Gegen Ende geht seine Verweigerung über in Gebet und das Gebet in Schreie der Todesangst: Sie sind lauter als die Stimme seiner toten Tochter Naemi, die ihn zu sich, aber auch lauter als die Trommel, die ihn zur Hinrichtung ruft.
Uta Ackermann/Werner Fritsch
"Durch die hochbewußte Stilisierung vor allem nach dem Vorbild barocker Form- und Melodiemodelle, die Glanert mit der Figur der koloraturenseligen Hofsängerin Graziella und durch eine ganze Reihe unverkennbarer Zitate explizit macht, schafft er eine Ebene artifzieller Distanz, die Reflexion erzwingt und das Thema herausführt aus den Regionen wohlfeiler ‘Betroffenheit’. Hinter dem stilistischen Maskenspiel aber rumoren und gewittern die Erschütterungen des modernen Bewußtseins: Das filigrane Lineament der barocken Tongirlanden wird durch eine manisch verhetzte rhythmische Strenge ins Gnadenlose getrieben, brachiale, bisweilen geradezu ordinäre Klangeruptionen verzerren die Stilmasken zu monströsen Fratzen... So entsteht ein Kunst-Tableau, an dem paradigmatisch ablesbar wird, wie Rassismus als Staatsideologie instrumentalisiert wird." (Detlef Brandenburg, Die Deutsche Bühne 12/1999)
"Da gibt es ganz lyrische, kammermusikalisch durchsichtige Passagen neben grell charakteristischen, geschärften Klangballungen; weich melodiöse Gesangslinien neben auf- und nieder-zuckenden Intervalisprüngen oder dem Sprechgesang sich annähernder Figuren... Stilbildend aber ist darüber hinaus Glanerts geistreiches Spielen mit Formen, das Zitieren, das Collagieren, ohne daß darüber die eigene Handschrift zu kurz käme." (Gerhart Asche, Opernwelt 12/1999)
dramatisch, poetisch, tragisch